Liegenschaftsübertragung vor dem Jahreswechsel 2015? Grundstückswertverordnung 2016 samt Bodenwert-Faktoren je Gemeinde.
Der Nationalrat hat Anfang Juli 2015 beschlossen, dass beim Transfer inländischer Grundstücke (Grund und Boden samt Gebäude) die Bemessungsgrundlage ("Wert der Gegenleistung" oder "Einheitswert" oder "Grundstückswert") und der Steuertarif (0,5 - 3,5 %) für die Grunderwerbsteuer ab 1.1.2016 völlig neu geregelt werden. Die Neuregelung hat vor allem große Auswirkungen auf die Höhe der Grunderwerbsteuer bei unentgeltlichen (zB Schenkung, Erbschaft) oder teilentgeltlichen Liegenschaftsübertragungen ab 1.1.2016 innerhalb des Familienverbandes.
Natürlich möchten viele Familien in Österreich nun wissen, ob es sinnvoller ist, eine ohnehin vorgesehene Liegenschaftsübertragung im Jahr 2015 oder - aufgrund der Änderungen im Grunderwerbsteuerrecht - erst 2016 durchzuführen. Das hängt davon ab, ob die Grunderwerbsteuerbelastung für die konkret vorgesehene Liegenschaftsübertragung steigt oder fällt - und beides ist durchaus möglich.
Klarheit brächte hier die vom Finanzministerium zu veröffentlichende "Grundstückswertverordnung 2016" - die allerdings erst als Entwurf, den wir Ihnen hier als pdf-Download "Entwurf - Grundstückswertverordnung 2016 samt Bodenwert-Faktoren je Gemeinde" zur Verfügung stellen - vorliegt. Worum geht's? Der "Grundstückswert" ist in vielen Fällen die künftige Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer und ein neuer, steuerlich durch Verordnung geschaffener Schätzwert, insbesondere bei Liegenschaftsschenkungen.
Der "Grundstückswert" kann nach dem "Pauschalwert-Modell", bei dem der "Grundstückswert" als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes berechnet wird, ermittelt werden. Der Bodenwert entspricht dem Einheitswert (vor Bebauungsabschlag und vor zuletzt pauschaler 35 %-iger Einheitswerterhöhung), dieser wird verdreifacht und mit dem im Verordnungsentwurf je Gemeinde festgelegten Hochrechnungsfaktor multipliziert. Hinzu kommt der Gebäudewert als (anteilig) gekürzte Bruttogrundfläche, multipliziert mit dem für jedes Bundesland in der Verordnung nach Berücksichtigung eines 30 %-igen pauschalen Abschlages festgelegten Baukostenfaktors (€ 1.350 - € 1.780), multipliziert mit der Bauweise- bzw. Nutzungsminderung und multipliziert mit der Altersminderung. Im Verordnungsentwurf finden sich dazu auch praktische Rechenbeispiele.
Alternativ dazu soll für die Ermittlung des "Grundstückswertes" für das Jahr 2016 ausschließlich der jeweils zuletzt veröffentlichte (aktuell daher aus Mai 2015, wird einmal jährlich veröffentlicht) Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer Österreich, Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuänder (ab 2017: ausschließlich Immobilienpreisspiegel von Statitistik Austria zu verwenden) herangezogen werden. Eine Bewertung nach diesem Immobilienpreisspiegel soll nur möglich sein, wenn das zu bewertende Grundstück einer Objektkategorie im Immobilienpreisspiegel zugerechnet werden kann. Der Wert laut Immobilienpreisspiegel soll um 28,75 % gekürzt werden, um zu verhindern, dass regionale Schwankungen zu überhöhten Ergebnissen führen.
Als dritte Alternative bleibt, den "Grundstückswert" durch Sachverständigengutachten festzustellen, was für den Steuerpflichtigen dann sinnvoll sein wird, wenn aufgrund der konkreten Immobilie ein gegenüber den beiden vorangeführten Verfahren geringerer "Grundstückswert" zu erwarten ist.
Was ist nun zu tun: Das Problem ist, dass das Finanzministerium eben bis dato nur einen Verordnungsentwurf vorgelegt hat, und dieser wahrscheinlich auch nicht mehr vor Jahresende 2015 in seiner finalen Fassung veröffentlicht wird. Wer davon ausgeht, dass der Verordnungstext der finalen Verordnungsfassung entsprechen wird, kann somit eine konkrete Vorteilhaftigkeitsrechnung anstellen und noch rasch über einen Liegenschaftstransfer entscheiden. Für alle anderen gilt folgende Faustregel: Beträgt der zu übertragende Liegenschaftswert nicht mehr als wenige hunderttausend Euro, so könnte die Grunderwerbsteuer für eine unentgeltliche Übertragung innerhalb des Familienverbandes im Jahr 2016 durchaus günstiger werden. Liegt der "Grundstückswert" darüber, so kann's auch empfindlich teurer werden.
Bitte bedenken Sie, dass sich bei einem Liegenschaftstransfer nicht nur grunderwerbsteuerliche Entscheidungsfragen stellen, sondern auch je nach Einzelfall Fragen der Immobilienertragsteuer samt Befreiungstatbeständen, der Vorsteuerrückverrechnung, des Rechts auf steuerliche Abschreibung, die Frage der steuerlichen Zuordnung zum Privatvermögen oder einem Betriebsvermögen, die wirtschaftliche Einheit eines Liegenschaftsvermögens, die Grundbuchseintragungsgebühr von 1,1 % und vieles mehr. Unsere Experten bei LBG stehen Ihnen für eine persönliche, individuelle Beratung an 30 Standorten österreichweit gerne zur Verfügung.
Stand: 7. Dezember 2015