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Vorsteuerabzug beim Erwerb einer Eigentumswohnung (Vorsorgewohnung) erfordert Nachweis für spätere Vermietungsabsicht

Ein Vorsteuerabzug aus der Anschaffung einer Eigentumswohnung ist bereits vor Erzielung von Vermietungsentgelten in umsatzsteuerlicher Hinsicht zulässig. Voraussetzung ist allerdings, dass die Absicht zur nachfolgenden Vermietung (für Wohnzwecke) in bindenden Vereinbarungen ihren Niederschlag findet oder aus sonstigen Umständen mit ziemlicher Sicherheit feststeht und klar und deutlich nach außen in Erscheinung tritt. Zwecks Beweiswürdigung für eine spätere Abgabenprüfung ist zu empfehlen, Umstände der Vermietungsabsicht ausreichend zu dokumentieren. Die spätere bloße Erklärung der Vermietungsabsicht reicht nicht aus. Der VwGH hat sich mit dieser Frage kürzlich befasst.

Kurzdarstellung des Sachverhalts:

Die Steuerpflichtige erwarb im November 2009 eine Eigentumswohnung und machte in der Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2009 Vorsteuern im Zusammenhang mit dem Erwerb dieser Wohnung in Höhe von 57.079,67 EUR geltend, wovon 54.437,40 EUR auf die Wohnung und 2.642,27 EUR auf einen dazugehörigen Tiefgaragenplatz entfielen. Den Tiefgaragenplatz vermietete die Steuerpflichtige ab 1. Februar 2010 an einen fremden Dritten, wohingegen sie die Wohnung ab 1. März 2010 auf die Dauer von fünf Jahren an ihre Tochter vermietete, die zu diesem Zeitpunkt kurz vor dem Abschluss ihres Studiums stand, das sie im Mai 2010 beendete.

Ab Mitte Jänner 2010 fand bei der Steuerpflichtigen eine den Zeitraum Oktober bis Dezember 2009 betreffende Umsatzsteuersonderprüfung statt, die mit der Schlussbesprechung vom 10. März 2010 endete. Die Prüferin stellte fest, die Eigentumswohnung sei mit 1. März 2010 an die Tochter der Steuerpflichtige vermietet worden, die Studentin verfüge über kein Einkommen und könne sich die monatliche Miete von 927,68 EUR nicht leisten. Es handle sich um kein ernstgemeintes Mietverhältnis, das dem Fremdvergleich standhalte, weshalb die Vorsteuer für die Wohnung nicht zu gewähren sei.

Das Finanzamt folgte der Prüferin und setzte die Umsatzsteuer für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2009 unter Außerachtlassung der auf die Eigentumswohnung entfallenden Vorsteuer fest.

Die Steuerpflichtige berief gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid Oktober bis Dezember 2009 und brachte in der Berufung u.a. vor, sie habe die Eigentumswohnung von Anfang an dem Unternehmensbereich zugeordnet und den Entschluss, sie an ihre Tochter zu vermieten, erst später gefasst. Da die Tochter unmittelbar vor dem Studienabschluss gestanden sei, habe sie nicht auf den Umstand geachtet, dass in der Zeit vom 1. März 2010 (Beginn des Mietverhältnisses) und Ende Mai 2010 (Beendigung des Studiums) die Besonderheiten eines Mietvertrages mit einem Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen seien. Zwischenzeitig habe die Steuerpflichtige beschlossen, die Wohnung anderweitig zu vermieten.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab und führte zur Begründung u.a. aus, dass Unterhaltsleistungen für die Wohnversorgung eines Kindes, die in das äußere Erscheinungsbild von Einkünften gekleidet würden, steuerlich unbeachtlich zu bleiben hätten. Auf die fremdübliche Gestaltung des Mietvertrags käme es in einem solchen Fall ebenso wenig an, wie auf die Überlegungen zum Ankauf des Mietobjektes. Soweit Aufwendungen der Steuerpflichtige die von ihrer Tochter zu Wohnzwecken genutzte Wohnung beträfen, stellten diese nichtabziehbare Ausgaben für den Unterhalt von Familienangehörigen im Sinne des § 20 EStG 1988 dar. Ein Vorsteuerabzug sei gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 iVm § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 EStG 1988 nicht zulässig.

Die Steuerpflichtige beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte im Vorlageantrag u.a. aus, dass der Mietvertrag mit der Tochter Ende Juni einvernehmlich aufgelöst worden sei und die in Rede stehende Wohnung seit 1. Juli 2010 an eine fremde dritte Person vermietet werde. Durch den Mieterwechsel sei der Steuerpflichtige kein Schaden entstanden, weil ihre Tochter das vereinbarte Mietentgelt bis Ende Juni 2010 geleistet habe.

Über Vorhalt der belangten Behörde legte die Steuerpflichtige den Mietvertrag mit Dr. S. vor. Zudem gab sie bekannt, dass die Wohnung mit 1. Februar 2012 an DI F vermietet worden sei und es sich bei keinem der angeführten Mieter um einen Angehörigen der Steuerpflichtige handle. Weiters führte sie u. a. aus, dass ihre Tochter "ab September 2010 über ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von rund EUR 2.400,00 verfügte, welches die Begleichung der fremdüblichen Miete erlaubt hätte. Die Tochter (...) ist seit September 2010 durchgehend in Beschäftigung."

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Sie stellte fest, dass die Steuerpflichtige mit Kaufvertrag vom 9. November 2009 eine Eigentumswohnung in bester städtischer Wohnlage erworben und gegenüber der Maklerin bereits im Vorfeld des Erwerbs die Überlegung geäußert habe, die Wohnung an die Tochter zu vermieten. Sie habe gegenüber der Maklerin auch angegeben, dass laut Auskunft des (damaligen) Steuerberaters eine Wohnungsvermietung an die Tochter bei Angemessenheit der Miete kein Problem wäre. Die Eigentumswohnung sei in der Folge tatsächlich an die Tochter vermietet worden, die zu diesem Zeitpunkt noch unterhaltsberechtigt gewesen sei. In Reaktion auf das Ergebnis der Außenprüfung - "und nicht zuletzt auch auf Anraten ihres (damaligen) steuerlichen Vertreters" - habe sich die Steuerpflichtige umgehend um einen "passenden Fremdmieter" für die Eigentumswohnung bemüht. Mit Mietvertrag vom 11. Mai 2010 sei die Wohnung an die fremde dritte Person vermietet worden, und zwar ab 1 Juli 2010, auf die Dauer von fünf Jahren. Das Mietverhältnis mit der Tochter sei mit 30. Juni 2010 einvernehmlich aufgelöst worden. In rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhalts führte die belangte Behörde aus, für die Abzugsfähigkeit von Vorsteuern genüge die bloße Erklärung, ein Gebäude künftig vermieten zu wollen, nicht. Die Vermietungsabsicht müsse in bindenden Vereinbarungen ihren Niederschlag finden oder aus sonstigen, über die Erklärung hinausgehenden Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit feststehen. Vor diesem Hintergrund sei die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zur Auffassung gelangt, dass im Streitfall eine - "(nicht steuerbare) nicht steuerpflichtige" - Vermietung der Eigentumswohnung an die Tochter von Anfang an wahrscheinlicher gewesen sei als eine - "steuerpflichtige" - Fremdvermietung. Davon, dass die Wohnung mit ziemlicher Sicherheit steuerpflichtig vermietet werden würde, könne keine Rede sein. Zur Untermauerung dieser Auffassung sei auf die Angaben der Steuerpflichtige gegenüber der Wohnungsmaklerin und auf den tatsächlich erfolgten Mietvertragsabschluss mit der Tochter zu verweisen. Hinzu komme, dass die Steuerpflichtige weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht habe, dass sie sich von Anfang an um andere mögliche Mieter (Fremdmieter) bemüht habe.

Gegen diesen Bescheid der Abgabenbehörde wandte sich die vorliegende Beschwerde, die vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zu entscheiden war.


Der Verwaltungsgerichtshof anerkannte entgegen dem von der Abgabenbehörde ergangenen Bescheid den Vorsteuerabzug zugunsten der Steuerpflichtigen und führte dazu im Wesentlichen aus:

  • Ein Unternehmer kann die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen (§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994).
  • Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird (§ 2 Abs. 1 UStG 1994).
  • Die Unternehmereigenschaft wird dann erworben, wenn eine selbständige Tätigkeit aufgenommen wird, die nachhaltig der Erzielung von Einnahmen dienen soll. Die Erbringung von Leistungen ist noch nicht erforderlich, erforderlich ist hingegen, dass die aufgenommene Tätigkeit ernsthaft auf die Erbringung von entgeltlichen Leistungen angelegt ist und dies nach außen in Erscheinung tritt. Vorbereitungshandlungen sind daher ausreichend.
  • Noch bevor aus der Vermietung eines Gebäudes Entgelte in umsatzsteuerlicher Hinsicht erzielt werden, können Vorsteuern steuerlich berücksichtigt werden. Für diese Berücksichtigung reicht aber die bloße Erklärung, ein Gebäude künftig (für Wohnzwecke) vermieten zu wollen, nicht aus. Vielmehr muss die Absicht der Vermietung eines Gebäudes in bindenden Vereinbarungen ihren Niederschlag finden oder aus sonstigen, über die Erklärung hinausgehenden Umständen mit ziemlicher Sicherheit feststehen. Der auf die steuerpflichtige Vermietung eines Gebäudes gerichtete Entschluss muss klar und eindeutig nach außen hin in Erscheinung treten. Die Frage, ob die geschilderten Voraussetzungen vorliegen, ist eine auf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfrage, die der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur insoweit unterliegt, als das Ausreichen der Sachverhaltsermittlungen und die Übereinstimmung der behördlichen Überlegungen zur Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut zu prüfen ist.
  • Die belangte Behörde gelangt im angefochtenen Bescheid zur Überzeugung, dass eine - "(nicht steuerbare) nicht steuerpflichtige" - Vermietung der in Rede stehenden Eigentumswohnung an die Tochter von Anfang an wahrscheinlicher gewesen sei als eine - "steuerpflichtige" - Fremdvermietung, und stützt sich dabei auf Angaben der Steuerpflichtige gegenüber der Wohnungsmaklerin und den tatsächlich erfolgten Mietvertragsabschluss mit der Tochter. Weiters darauf, dass die Steuerpflichtige ihr Vorbringen, sie habe sich von Anfang an um andere mögliche Mieter (Fremdmieter) bemüht, nicht nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht habe.
  • Diese Auffassung ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar. Die Steuerpflichtige hat mit der Tochter einen fremdüblichen Mietvertrag auf die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen und brachte im Berufungsverfahren vor, sie habe bei Abschluss des Mietvertrages nicht auf den Umstand geachtet, dass in der Zeit vom 1. März 2010 (Beginn des Mietverhältnisses) bis Ende Mai 2010 (Beendigung des Studiums) die Besonderheiten eines Mietvertrages mit einem Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen seien, weil ihre Tochter unmittelbar vor dem Studienabschluss gestanden sei. Im Rahmen des Berufungsverfahrens brachte die Steuerpflichtige zudem vor, dass ihre Tochter seit September 2010 durchgehend in Beschäftigung stehe und seit diesem Zeitpunkt über ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von rund 2.400 EUR verfüge, welches die Begleichung der mit ihr vereinbarten Miete erlaubt hätte. Vor diesem Hintergrund ist aber aus dem bloßen Umstand, dass die Tochter bei Abschluss des Mietvertrages (und drei Monate danach) unterhaltsberechtigt war, nicht ableitbar, der Steuerpflichtige habe es beim Erwerb der gegenständlichen Eigentumswohnung an dem auf die steuerpflichtige Vermietung dieser Wohnung gerichteten Willensentschluss gefehlt, für den im Übrigen auch die seit Juli 2010 durchgehende Fremdvermietung Indizwirkung zeitigt.

     (VwGH 29.6.2016, 2013/15/0205)


LBG-Anmerkung
: Die VwGH-Entscheidung ist für die Steuerpflichtige erfreulich und hat ihr aufgrund der dargelegten Umstände, die eine Vermietungsabsicht belegen und auch nach außen erkennbar machten, den nicht unerheblichen Vorsteuerabzug gerettet.

Dennoch ist anzumerken, dass bei der Vermietung an unterhaltsberechtigte Personen (z.B.: studierende Tochter) steuerliche Vorsicht geboten ist. Nach Ansicht des BMF (UST-Protokoll 2011) und des Bundesfinanzgerichtes (zB UFS 2.7.2012, RV/0344-K/10) stellt die Wohnungsvermietung an eine unterhaltsberechtigte Person eine nichtsteuerbare Tätigkeit dar. Eine allfällige anteilige Vorsteuerberichtigung (§ 12 Abs 10 UStG 1994) für den Zeitraum der vorübergehenden Vermietung (im Jahr 2010) an die unterhaltsberechtigte (studierende) Tochter ist daher sorgsam zu beurteilen. Der VwGH hatte sich mit dieser, im Verfahren nicht relevierten, steuerlich nicht unerheblichen Frage nicht zu beschäftigen.

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