VwGH: Entgeltliche Ablöse eines Fruchtgenussrechts im außerbetrieblichen Bereich kann auch einkommensteuerfrei sein!
Aufgrund der vielfachen Ausgestaltungsmöglichkeiten kommt Fruchtgenussvereinbarungen insbesondere bei der Übertragung von Liegenschaften erhebliche praktische Bedeutung zu. Bisher war die Frage der ertragsteuerlichen Behandlung der entgeltlichen Ablöse eines Fruchtgenussrechts im außerbetrieblichen Bereich strittig. Ein dazu ergangenes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) bringt in diesem Zusammenhang nunmehr Rechtssicherheit, wobei die Entscheidung des VwGH aus Sicht des Steuerpflichtigen durchaus positiv zu bewerten ist.
Aus steuerlicher Sicht ist bei Fruchtgenussvereinbarungen insbesondere zwischen dem Vorbehaltsfruchtgenuss und dem Zuwendungsfruchtgenuss zu unterscheiden.
Beim Zuwendungsfruchtgenuss erfolgt die Einräumung des Fruchtgenussrechts an der Fruchtgenusssache durch den Eigentümer (Fruchtgenussbelasteten), ohne damit zugleich das zivilrechtliche Eigentum (z.B. an der Liegenschaft) zu übertragen.
Beispiel: Der langjährige zivilrechtliche Eigentümer A räumt einer Person B ein Fruchtgenussrecht an seinem Mietwohnhaus ein. Dem Fruchtnießer B kommt das Recht zu, das Mietwohnhaus mit Schonung der Substanz ohne jegliche Einschränkung zu „genießen“ und etwa die Mieteinnahmen daraus zu lukrieren. A bleibt weiterhin zivilrechtlicher Eigentümer des Mietwohnhauses.
Im Unterschied dazu wird beim Vorbehaltsfruchtgenussrecht das Eigentumsrecht an der Fruchtgenusssache übertragen, wobei sich der bisherige zivilrechtliche Eigentümer das Fruchtgenussrecht an dem übertragenen Wirtschaftsgut vorbehält.
Beispiel: Der bisherige zivilrechtliche Eigentümer A eines Mietwohnhauses überträgt einer Person B die Liegenschaft, behält sich allerdings das Fruchtgenussrecht am Mietwohnhaus vor und wird so zum Fruchtnießer der Erträge (der Mieteinnahmen).
Einkommensteuerliche Behandlung einer Ablöse des Fruchtgenussrechts im außerbetrieblichen Bereich
Wird nun das Fruchtgenussrecht vom Eigentümer der dienenden Sache (z.B. Liegenschaft) gegen Zahlung eines Entgelts abgelöst, kommt es in der Regel zu einem teilweisen oder gänzlichen Verzicht des Fruchtnießers auf sein Recht (z.B. das Recht, die Mieteinnahmen zu erhalten). Fraglich war bis dato, wie eine solche Ablösezahlung aus einkommensteuerlicher Sicht im außerbetrieblichen Bereich (etwa bei einem Fruchtgenussrecht an einem Mietwohnhaus) zu behandeln ist.
In diesem Zusammenhang führte der VwGH in einem Erkenntnis aus dem Jahr 2017 nun aus, dass im Falle eines endgültigen Verzichts auf ein Zuwendungsfruchtgenussrecht eine Veräußerung eines Rechtes vorliegt. Dies hat zur Folge, dass – entgegen der bisherigen Ansicht der österreichischen Finanzverwaltung, wonach steuerpflichtige Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung vorliegen – eine solche Ablösezahlung nur in ganz bestimmten Fällen, im Wesentlichen bei Verzicht innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist und bei Vorliegen eines vorangegangenen Anschaffungsvorgangs, einkommensteuerpflichtig ist. Erfolgt die Ablöse hingegen später als ein Jahr nach Einräumung des Fruchtgenussrechts, so liegen im Regelfall steuerfreie Einkünfte vor.
Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Vereinnahmung eines Entgelts für die Ablöse des Fruchtgenussrechts (oder auch für die Übertragung des Fruchtgenussrechts an einen Dritten) tatsächlich einkommensteuerfrei ist, ist jedoch stets anhand der konkreten Umstände im jeweiligen Einzelfall zu prüfen.
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