Steuerprüfung: „Verrechnungskonten“ und „Entnahmen“ von Geld oder Wirtschaftsgütern aus dem Vermögen der GmbH ohne fremdübliches Rechtsgeschäft werden penibel geprüft
Geschäftsführer einer GmbH sind dafür verantwortlich, dass Geld oder Wirtschaftsgüter nur dann aus dem Vermögen der GmbH „entnommen“ werden, wenn hierfür ein fremdübliches Rechtsgeschäft vorliegt. Zulässig sind auch Gewinnausschüttungen oder Kapitalrückzahlungen, wenn hierbei die gesetzlichen Bestimmungen des GmbH-Gesetzes und der Gesellschaftsvertrag beachtet werden, sorgsam gefasste Gesellschafterbeschlüsse vorliegen und keine gesetzlichen Ausschüttungssperren, beispielsweise gemäß Unternehmensgesetzbuch (UGB) verletzt werden oder gar eine verbotene Einlagenrückgewähr vorliegt. Diese strengen Grundsätze dienen einerseits dem Kapitalerhalt und den Gläubigern aufgrund der bestehenden Haftungsbeschränkung der GmbH und schützen auch die Gesellschafter untereinander vor einseitiger „stiller“ Bevorzugung. Vor allem die Finanzverwaltung befasst sich laufend mit „Verrechnungskonten“ und verdeckten Gewinnausschüttungen aus der GmbH, welche diesen Grundsätzen und den von ihr darüber hinaus spezifizierten Leitlinien entgegenlaufen – dies ist eines der wichtigsten finanzbehördlichen Prüffelder! Wir haben für Geschäftsführer, Gesellschafter und kaufmännisch Verantwortliche einer GmbH die aktuelle Sicht des BMF dazu zusammengefasst.
„Entnahmen“ von Geld oder Wirtschaftsgütern: Der Begriff „Entnahmen“ steht in diesem Zusammenhang aus Sicht der Finanzverwaltung für das wörtliche Entnehmen von Geld oder Wirtschaftsgütern aus dem Vermögen der GmbH außerhalb eines fremdüblichen Rechtsgeschäftes. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist jede Entnahme zunächst als rückzahlungspflichtiger Vorgang zu werten. Wird sie über das Verrechnungskonto der Gesellschafter erfasst, liegt eine Darlehensaufnahme des Gesellschafters (Schuldner) bei der GmbH (Gläubiger) vor, für die jene Maßstäbe anzulegen sind, die bei Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen (z.B.: Fremdüblichkeit von Form und Bedingungen; eindeutiger, klarer und jeden Zweifel ausschließender Inhalt der Vereinbarung, welche nach außen ausreichend zum Ausdruck kommt; Schriftlichkeit ist zu empfehlen) gelten. Werden Entnahmen weder vertraglich abgesichert noch im Rechnungswesen als Verrechnungsschuld erfasst, entsteht zwar gesellschaftsrechtlich ein Rückforderungsanspruch, steuerlich ist aber mit der fehlenden Erfassung bis zum Bilanzstichtag der Verzicht auf eine Erfassung anzunehmen und damit der Tatbestand der verdeckten Ausschüttung verwirklicht. Diese Grundsätze gelten sowohl für die Familien-GmbH, als auch von GmbH’s in mittelständischen Unternehmensgruppen oder im Konzernverband.
Unerlaubte Entnahmen führen zu Rückforderungen der GmbH, hierfür hat der Geschäftsführer zu sorgen! Werden diese nach dem Aufdecken als Rückforderungsanspruch angesetzt, in der Folge aber nicht betrieben oder auf die Rückforderung verzichtet, liegt eine verdeckte Ausschüttung vor.
„Verrechnungskonten“ einer GmbH: Führt eine GmbH für bei ihr angestellte Gesellschafter Verrechnungskonten, auf welchen sowohl die Gehälter als auch Zahlungen für private Zwecke verbucht werden, lässt sich hinsichtlich der an den Gesellschafter überlassenen Geldbeträge (des am Verrechnungskonto ausgewiesenen Saldos) nach Ansicht der Finanzverwaltung aus der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) zu Verrechnungskonten von Gesellschaftern Folgendes ableiten:
- Bei Verbuchung des überlassenen Geldbetrages auf dem Verrechnungskonto des Gesellschafters kann eine verdeckte Ausschüttung über den entnommenen Betrag nur dann vorliegen, wenn im Vermögen der Gesellschaft keine durchsetzbare Forderung an die Stelle des überlassenen Geldbetrages tritt ("werthaltiger Aktivtausch"). Dies ist dann der Fall, wenn eine Rückzahlung des auf dem Verrechnungskonto verbuchten Geldbetrages von vornherein durch den Gesellschafter nicht gewollt war oder wegen absehbarer Uneinbringlichkeit nicht zu erwarten war.
- Die Uneinbringlichkeit ist absehbar, wenn der Gesellschafter über keine ausreichende Bonität verfügt und der Gesellschaft keine ausreichenden Sicherheiten bereitgestellt wurden, sodass es absehbar ist, dass der kreditierte Betrag (samt Zinsen) bis zum vereinbarten Ablauf der Kreditdauer nicht beglichen werden kann.
Für die Beurteilung der am Gesellschafter-Verrechnungskonto erfassten Beträge ergeben sich daher folgende Prüfschritte, die im Zuge einer steuerlichen Betriebsprüfung zu beachten sind und einer genaueren Beurteilung seitens der Finanzverwaltung unterzogen werden:
Prüfschritt 1:
Ausgangspunkt sind die vertraglichen Rahmenbedingungen der Geldmittelüberlassung; sind diese nicht entsprechend dokumentiert, ist davon auszugehen, dass eine kurzfristige Geldmittelüberlassung vorliegt, vergleichbar einem Kontokorrentverhältnis. Diesfalls muss die Verzinsung der Forderung entsprechend hoch sein und die Bonität des Gesellschafters ausreichend sein, um, wie bei einer Kontokorrentschuld, die Verbindlichkeit kurzfristig (innerhalb eines Jahres) tilgen zu können.
Prüfschritt 2:
Bei der Beurteilung der Bonität des Gesellschafters zum Zeitpunkt der Geldmittelüberlassung sind folgende Elemente zu berücksichtigen: Das laufende aktuelle und zukünftige Einkommen des Gesellschafters exklusive Einkommensbestandteile, die dem Grunde und der Höhe nach äußerst ungewiss sind (wie z.B. zukünftige Gewinnausschüttungen). Zukünftige Gewinnausschüttungen können nur dann in die Bonitätsprüfung mit einbezogen werden, wenn die betreffende Gesellschaft eine langjährige stabile Ertragslage oder entsprechend hohe Gewinnvorträge aufweisen kann und der Gesellschafter zugleich über ausreichend Stimmrechte verfügt, um die Gewinnausschüttung tatsächlich bewirken zu können (Ausschüttungsbeschlüsse); diesfalls hat aber die Bonitätsprüfung erneut stattzufinden, wenn sich zukünftig die Ertragslage der Gesellschaft verschlechtert oder die Beteiligungshöhe bzw. die Stimmrechte des Gesellschafters sich verringern (quantitativ oder qualitativ); die Stabilität der Einkommenssituation: zu berücksichtigen ist z.B. eine Verschlechterung der Einkommenssituation des Gesellschafters infolge einer Pensionierung; die Ersparnisse des Gesellschafters (insbesondere Immobilien und Kapitalvermögen), unter der Bedingung, dass eine Verwertung zukünftig realistisch erscheint und keine sonstigen Gläubiger vorrangig befriedigt werden müssen (z.B. ist die Verwertung eines Grundstücks, welches mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten eines Dritten behaftet ist, nicht realistisch); vorhandene Schulden und Verpflichtungen des Gesellschafters (z.B. Unterhaltsverpflichtungen aufgrund einer Scheidung, sonstige Kreditverbindlichkeiten); der vereinbarte Rückzahlungszeitraum.
Prüfschritt 3:
Prüfung der Sicherheiten des Gesellschafters: Sicherheiten sollen die Gesellschaft gegen das Ausfallrisiko aus der Geldmittelüberlassung absichern, weil die Bonität des Gesellschafters gerade bei einer längerfristigen Überlassung aufgrund künftiger Entwicklungen nicht vorhersehbar ist. Die Sicherheiten müssen dabei derart ausgestaltet sein, dass die Gesellschaft in der Lage ist, ihre Forderung - ungehindert von anderen Gläubigern - durch entsprechenden Zugriff bzw. Verwertung zu befriedigen.
Werden bei einer Kreditierung von über 50.000 Euro und einer vereinbarten Dauer der Kreditierung von über drei Jahren keine Sicherheiten durch den Gesellschafter gewährt, deutet dies auf eine fremdunübliche Geldmittelüberlassung hin. Dies ist wiederum ein starkes Indiz für eine bereits im Zeitpunkt der Geldmittelüberlassung absehbare Uneinbringlichkeit der Forderung beim Gesellschafter. Werden bei Fehlen von Sicherheiten (bzw. bei Sicherheiten in nicht ausreichender Höhe) im Falle der Verschlechterung der Bonität des Gesellschafters keine umgehenden und rechtzeitigen Maßnahmen durch die Gesellschaft gesetzt, um die Einbringlichkeit der Forderung sicherzustellen, ist ein (konkludenter) Forderungsverzicht und somit eine verdeckte Ausschüttung anzunehmen.
Ergibt die hier dargestellte Prüfung, dass die am Verrechnungskonto erfasste Forderung als (fremdübliches) Darlehen an den Gesellschafter anzuerkennen ist, kann eine verdeckte Ausschüttung gegebenenfalls (nur) im Ausmaß der Differenz zwischen der tatsächlich erfolgten Verzinsung und einer fremdüblichen Verzinsung vorliegen – ansonsten kann eine verdeckte Ausschüttung mit steuerlicher Wirkung im gesamten (!) Ausmaß des Verrechnungskontos, das den oben dargestellten Grundsätzen nicht entspricht, vorliegen.
Soweit die aktuelle Ansicht der Finanzverwaltung zu „Entnahmen“ von Geld und Wirtschaftsgütern aus dem Vermögen der GmbH und der steuerlichen Beurteilung von „Verrechnungskonten“ einer GmbH. Wir empfehlen daher allen Geschäftsführern, Gesellschaftern und kaufmännisch Verantwortlichen, sämtliche davon betroffenen Geldflüsse oder Abgänge von Wirtschaftsgütern sorgsam nach den obigen Grundsätzen zu handhaben und zu dokumentieren, insbesondere in Familienunternehmen und bei der geschäftlichen Gestion innerhalb von Unternehmensgruppen.
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