Sind Aufwendungen für die Ausbildung zur TEH-Praktikerin (traditionelle europäische Heilkunde) steuerlich abzugsfähig?
Die Ausbildung zur TEH-Praktikerin in der vom WIFI angebotenen Form vermittelt ein Basiswissen über die traditionelle europäische Heilkunde und umfasst im Überblick Themen zu Bereichen wie Pflanzenwirkstoffe, Pflanzenbestimmung, Heilpflanzenwanderungen, Heilpflanzenanbau und -verarbeitung, traditionelle Esskultur, Tee, Kräuterkissen, Kräuterpulver, Tinkturen, Salben, Sirupe, Liköre, Ölauszügen, Milchauszügen, Essigauszügen, Kräutersalzen, Kräuterzucker, Destillate, Honig, Räuchern, Inhalationen, Kneippen, Bäderkunde, Wickel und Auflagen, Lehm– und Moorpackungen, Deklaration, Kommunikation
Das Bundesfinanzgericht bestreitet nicht, dass eine Ausbildung zur TEH-Praktikerin für eine in einer Kuranstalt nicht selbständig tätigen Krankenschwester bei ihrer täglichen Arbeit von Vorteil sein kann. Der geforderte Zusammenhang der Bildungsmaßnahme mit der von der beschwerdeführenden Krankenschwester ausgeübten Tätigkeit (im Sinne des § 16 Abs 1 Z 10 EStG) und damit steuerlich abzugsfähige Werbungskosten sind jedoch nicht gegeben. Denn ein solcher Zusammenhang ist nur dann anzunehmen, wenn die erworbenen Kenntnisse in einem wesentlichen Umfang im Rahmen der Tätigkeit verwertet werden können.
Bei dem zum TEH-Praktiker absolvierten Seminar ist davon auszugehen, dass die erworbenen Kenntnisse auch außerhalb des Berufes als Krankenschwester anwendbar und nützlich sind. Aus den Themeninhalten des Kurses lässt sich schließen, dass die darin vermittelten Kenntnisse von so allgemeiner Art sind, dass sie keine auf Krankenschwestern abgestellte berufsspezifische Wissensvermittlung darstellen.
Anders wäre wohl die steuerliche Beurteilung bei abzugsfähigen Umschulungsmaßnahmen bzw. der Vorbereitung oder der Ausübung einer einschlägigen selbständigen Tätigkeit.
Zur Frage, ob die Kosten der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Ausbildung zur TEH-Praktikerin abzugsfähige Umschulungsmaßnahmen und damit Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 darstellen könnten, ist folgendes zu beachten: Grundsätzlich ist es so, dass es im Rahmen der Umschulung zwar nicht erforderlich ist, dass die bisherige Tätigkeit aufgegeben wird. Die angestrebte neue Tätigkeit muss aber zeitlich gegenüber der bisherigen Tätigkeit überwiegen und zur Sicherung des künftigen Lebensunterhaltes dienen oder zumindest zu einem wesentlichen Teil beitragen. Umschulungsmaßnahmen, die auf eine Nebentätigkeit (Zweitberuf) abzielen, werden steuerlich nicht gefördert.
Die ernsthafte Absicht zur Einkünfteerzielung muss zum Zeitpunkt der Entstehung der Kosten erwiesen sein. Es müssen Umstände vorliegen, die über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen. Die Anerkennung vorweggenommener Werbungskosten setzt damit voraus, dass die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit stehen. Im zu beurteilenden Fall hat die Krankenpflegerin gegenüber der Finanzverwaltung angegeben, dass sie im Zeitpunkt der Ausbildung zur TEH-Praktikerin weder beabsichtigte, den Beruf als Krankenpflegerin aufzugeben noch lag eine konkrete und ernsthafte Absicht einer künftigen Einkünfteerzielung vor.
Die seitens der Beschwerdeführern geltend gemachten Aufwendungen für die Ausbildung zur TEH-Praktikerin wurde daher auch nicht als Umschulungskosten im Sinne des § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 anerkannt.
(Bundesfinanzgericht vom 20.03.2018, RV/6100101/2018)
Empfehlung: Diese BFG-Entscheidung zeigt einmal mehr deutlich auf, dass es auf den Einzelfall ankommt. Was keine steuerlich abzugsfähigen Werbungskosten im Rahmen des aktuell ausgeübten Berufes sind, können durchaus solche als abzugsfähiger Umschulungsaufwand oder Betriebsausgaben im Rahmen einer selbständig ausgeübten Tätigkeit sein. Eine sorgsame (vorausschauende) Prüfung und Argumentation des individuell vorliegenden Sachverhalts macht Sinn.
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