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Gemeinnütziger oder mildtätiger Verein bzw. GmbH – begünstigungsschädlicher Gewerbebetrieb?

Gemeinnützigkeit und Mildtätigkeit werden im Abgabenrecht nur dann anerkannt, wenn einerseits die Vereinsstatuten bzw. der Gesellschaftsvertrag allen steuerlichen Formvorschriften genügen und andererseits die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins bzw. einer gemeinnützigen/mildtätigen GmbH sich danach auch im täglichen Geschehen streng orientiert.

Besonders zu beachten ist, dass einem Verein Vermögenswerte auch dann begünstigungsschädlich entzogen werden, wenn sich durch ein Rechtsgeschäft die Rechtsposition des Vereins verschlechtert – beispielsweise durch den Verkauf von bisher sich im Eigentum des Vereins befindlichen Liegenschaften an Vereinsfunktionäre – weil auch Rechtspositionen Vermögenswerte darstellen.

Enthält das Vereinsstatut zwar für den Fall der freiwilligen Auflösung eine Zweckwidmung des Vereinsvermögens, nicht aber für die Fälle der Aufhebung oder des Wegfalls eines bisher begünstigten Zweckes des Vereins, so ist dies begünstigungsschädlich. Bestimmt die außerordentliche Generalversammlung ohne weitere Beschränkung, wem das Vereinsvermögen zugewendet wird, so ist die Zweckwidmung im Falle der Auflösung des Vereins nicht bindend.

Die Ansparung von Gewinnen für Investitionen oder andere Vereinszwecke ist in der Generalversammlung zu beschließen.

In der durch das Bundesfinanzgericht (BFG) zu beurteilenden Sache war strittig, ob ein gemeinnütziger oder mildtätiger Verein – und damit eine Körperschaftsteuerbefreiung – vorlag oder nicht. Dazu führte das BFG folgendes aus: 

1. Rechtsgrundlagen (z.B. Statut, Gesellschaftsvertrag) müssen strengen formellen Anforderungen genügen: Damit eine Körperschaft (z.B. Verein, GmbH) wegen gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Betäti­gung abgabenrechtlich begünstigt ist, müssen bereits ihre Rechtsgrundlagen (z.B. Vereinsstatut, Gesellschaftsvertrag) eine aus­schließ­liche und unmittelbare Betätigung für einen gemeinnützigen Zweck vorsehen und den gemeinnützigen Zweck genau umschreiben. Von dieser Rechtslage und Rechtsprechung ausgehend ist bei Vereinen vor­ran­gig zu prüfen, ob ihre Vereinsstatuten einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirch­li­chen Zweck vorsehen und ge­nau umschreiben.

Da die Bundesabgabenordnung (§ 39 Abs 5 BAO idgF iVm § 41 Abs 2 BAO idgF) auch eine ausreichende Bindung des Ver­eins­ver­mö­gens in drei Fällen vorschreibt, ist gleichermaßen vorrangig zu prüfen, ob die Vereins­sta­tu­ten Re­gelungen für die in § 41 BAO taxativ aufgezählten drei Fälle der Auflösung, der Auf­he­bung und des Wegfalls (oder der Änderung) des bisherigen Zwecks enthalten, die aus­schlie­ßen, dass das Vereinsvermögen anderen Zwecken als gemeinnützigen, mildtäti­gen oder kirchlichen Zwecken zugewendet wird.

Sehen die Vereinsstatuten einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck (§ 41 Abs 1 BAO idgF) vor, beschreiben sie ihn genau (im Sinne des § 41 Abs 1 BAO idgF) und ist das Vereinsvermögen (im Sinne des § 41 Abs 2 BAO idgF) ausrei­chend gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich zweckgebunden, ist zu prüfen, ob die tatsächli­che Ge­schäftsführung gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient.

Das Bundesfinanzgericht hat zur Anwendung der aktuellen abgabenrechtlichen Rechtslage und Rechtsprechung, ausgehend vom im zu beurteilenden Fall vorliegenden Vereinsstatut, folgendes festgestellt:

  • Steht im Vereinsstatut, dass der Verein einem „gemeinnützigen Zweck im Sinne der Bun­desabgabenordnung “ dient, ist ein gemeinnütziger Zweck im Vereinsstatut weder vor­ge­sehen noch genau umschrieben. Ein bloß formelhafter Hinweis genügt nicht.

  • Was im zu beurteilenden Fall unter „Förderung der Entwicklung und Integration von Kindern und Jugendlichen in einem schwierigen sozialen Umfeld und Lebenskrisen “ und „systemorientierte Stützung und Begleitung der Eltern, der Familien und anderer relevanter Umwelten “, wie im Vereinsstatut ausgeführt, zu verstehen ist, ist unklar, weshalb ein ausschließlich gemeinnütziger Vereinszweck den oben be­schrie­benen Tätigkeiten nicht entnommen werden kann.
  • Ist der Vereinszweck, Führung einer Wohngemeinschaft, wäre der Verein nur dann ge­meinnützig, wenn mit der Führung der Wohngemeinschaft der begünstigte Zweck der Kin­der-, Jugend- und/oder Familienfürsorge verfolgt wird. Ist der Vereinszweck, kinder- und jugendgerechten Wohnraum zu erwerben, anzumieten, einzurichten und/oder in­stand­zu­setzen, kann der Verein sowohl den begünstigte Zweck der Kinder-, Jugend- und/oder Fa­milienfürsorge verfolgen als auch anderen nicht begünstigten Zwecken dienen; gleiches gilt für erlebnisorientierte Ferienprojekte und sozial-, kultur-, gruppen- und spielpädago­gi­sche Aktionen. Sind jedoch Workshops, Informationsabende, Gästebetreuung und Kurs­an­gebote Vereinszwecke, sind diese Zwecke keine begünstigten Zwecke.

Werden in einem Vereinsstatut begünstigte und nicht begünstigte Zwecke angeführt, sind die nicht begünstigten Zwecke nicht begünstigungsschädlich, wenn darin geregelt wird, dass die nicht begünstigten Zwecke dem begünstigten Zweck untergeordnet sind (VwGH 11.04.1991, 90/13/0222; VwGH 26.05.1999, 97/13/0191). Das Bundesfinanzgericht konnte dem vorgelegten Vereinsstatut eine derartige Rangordnung nicht entnehmen, weshalb alle darin angeführten begünstigten und nicht begünstigen Zwecke als gleichrangige Hauptzwecke beurteilt wurden.

  • Das Vereinsstatut enthielt eine Zweckwidmung des Vereinsvermögens für den in § 41 Abs 2 BAO idgF aufgezählten Fall der freiwilligen Auflösung des Vereins. Für die in § 41 Abs 2 BAO idgF auch aufgezählten Fälle der (behördlichen) Aufhebung des Vereins und des Wegfalls eines bisher begünstigten Zweckes enthält das Vereinsstatut keine Zweckwidmung des Vereinsvermögens.

Das Bundesfinanzgericht kam daher nach den vorangeführten Ausführungen zum Ergebnis, dass bereits der im Vereinsstatut nicht genau um­schriebene Vereinszweck begünstigungsschädlich ist, zumal daraus feststellbar ist, dass der beschwerdeführende Verein auch andere nicht begünstigte Zwecke verfolgt, die gleichrangige Haupt­zwe­cke sind. Begünstigungsschädlich ist außerdem, dass das Vereinsstatut keine Zweckwid­mung des Vereinsvermögens für die Fälle der Aufhebung des Vereins und des Wegfalls eines bis­her begünstigten Zweckes enthält. Die Zweckwidmung im Falle der Auflösung des Ver­eins ist nicht bindend, da die außerordentliche Generalversammlung bestimmt, wem das Vereinsvermögen zugewendet wird.

Das Bundesfinanzgericht stellte daher fest, dass der Beschwerdeführer kein gemeinnütziger Verein im Sin­ne der §§ 34 ff BAO idgF ist. Das Beschwerdebegehren war daher bereits aus den oben an­ge­führ­ten Gründen abzuweisen.

2. Die tatsächliche Geschäftsführung darf nicht begünstigungsschädlich sein: Wird – wie im Beschwerdefall geschehen – der Vereinszweck im Vereinsstatut im Sin­ne des § 41 Abs 1 BAO idgF nicht genau umschrieben und ist das Vereinsvermögen nicht bei allen in § 41 Abs 2 BAO idgF aufgezählten Fällen zweckgewidmet, sind Gewinnstreben, Ge­winne und tatsächliche Geschäftsführung nicht näher zu untersuchen. Der Voll­stän­dig­keit halber wurde jedoch vom BFG dazu festgestellt, dass die tatsächliche Geschäftsführung aus fol­gen­den Gründen begünstigungsschädlich ist:

  • Wer Betreuungsleistungen zu kostendeckenden Tagsätzen anbietet, strebt zwar grund­sätz­lich nicht nach Gewinnen und auch der Beschwerdeführer hat im Vereinsstatut verneint, Gewinne an­zu­streben, jedoch hat er in den Streitjahren und in den Jahren davor Gewinne iHv mehr als EUR 20.000 erzielt. Da Gewinne nachhaltig in einer nicht völlig unbedeutenden Grö­ßenordnung anfallen, sind diese Gewinne keine Zufallsgewinne und sind damit be­güns­tigungsschädlich. Diese Gewinne sind auch nicht für Investitionen und/oder andere Vereinszwecke angespart worden, da der Verein dies lt. Generalversammlungsprotokoll­en nicht beschlossen hat.
  • Auch hat der Beschwerdeführer die Liegenschaft und das Wohnhaus an Obfrau und Obmann verkauft und hat ihnen dadurch die Möglichkeit verschafft, arbeitsloses Einkommen zu lukrieren, da Ob­frau und Obmann Liegenschaft und Wohnhaus entgeltlich vermieten oder verpachten können.

  • Die Rechtsposition des Vereins hat sich durch den Verkauf erheblich verschlechtert, da die neuen Eigentümer Liegenschaft und Wohnhaus dadurch für eigene Zwecke nützen können, dass sie bspw. vom Verein Miete verlangen, dem Verein die Führung der Wohn­gemeinschaft verbieten oder Liegenschaft und Wohnhaus an Andere vermieten. Rechts­po­sitionen sind auch Vermögenswerte. Da sich die Rechtsposition des Vereins durch den Verkauf von Liegenschaft und Wohnhaus verschlechtert hat, haben Obfrau und Ob­mann dem Verein Vereinsvermögen entzogen.

  • Als er noch Eigentümer der Liegenschaft und des Wohnhauses gewesen ist, hat der Ver­ein seine Einnahmen (auch dazu) verwendet, um wertsteigernd und abgabenbegünstigt in die Liegenschaft zu investieren und das Wohnhaus zu sanieren und umzubauen. Die Aus­ga­ben für diese Investitionen sind lt. Kaufvertrag nicht kaufpreiserhöhend abgegolten wor­den, weshalb auch dadurch dem Beschwerdeführer Vereinsvermögen entzogen und Obfrau und Ob­mann zu­gewendet worden ist.

Das Vereinsstatut legte fest, dass ordentliches Vereinsmitglied wird, wer „sich voll an der Vereinstätig­keit beteiligt“. „Voll an der Vereinstätigkeit “ beteiligen kann sich nur, wer eine Funktion im Verein innehat. Funktionen im Verein haben Obfrau, Obmann, Kassier und Rechnungs­prü­fer, weshalb der Verein ein geschlossener Verein ist, da die als ordentliche Vereins­mit­glie­der in Frage kommenden Personen jederzeit den Vereinszweck ändern oder dem Verein Vermögen entziehen können, was beim Verkauf der Liegenschaft und des Wohn­hau­ses auch geschehen ist.

Die vorangeführten Ausführungen zusammenfassend war das Beschwerdebegehren nach Rechtsansicht des BFG auch wegen der begünstigungsschädlichen tatsächlichen Geschäftsführung abzuweisen.

Ein Verein betätigt sich mildtätig, wenn der Vereinszweck im Vereinsstatut so genau umschrieben wird, dass seine mildtätige Tätigkeit aus dem Vereinsstatut ersichtlich ist. Der Beschwerdeführer war nach Ansicht des BFG kein mildtätiger Verein, da die im Vereinsstatut beschriebenen Zwecke eine mild­tätige Tätigkeit ausschließen. Das Beschwerdebegehren, den Beschwerdeführer als mildtätigen kör­per­schaftsteuerbefreiten Verein einzustufen, wurde daher abgewiesen.

(BFG vom 15. Mai 2018, RV/7100845/2013) 

Empfehlung: Die vorgenannten Ausführungen werden hinsichtlich der strengen Anforderungen an das formelle Regelwerk (z.B. Vereinsstatuten) als auch bei der tatsächlichen Geschäftsführung zu beachten sein. Für gemeinnützige bzw. mildtätige GmbHs gelten die Ausführungen analog.

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