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Abzugssteuer für Einkünfte aus Leitungsrechten für offene (nicht rechtskräftig veranlagte) Fälle

Mit dem Jahressteuergesetz 2018 wurde eine Abzugsteuer für Einkünfte aus Anlass der Einräumung von Leitungsrechten eingeführt (§ 107 EStG 1988). Die Abzugsteuer kommt für Auszahlungen ab dem Jahr 2019 zur Anwendung (siehe dazu unseren Artikel „Steuerliche Änderungen bei Leitungsentschädigungen“ vom 5.7.2018). Die Regelung der Anwendbarkeit der neuen Bestimmungen auf noch offene (nicht rechtskräftig veranlagte) Alt-Fälle mit Einkünften aus Leitungsrechten wurde mit Spannung erwartet. Das BMF hat sich nun dazu wie folgt geäußert. 

Inkrafttreten

§ 107 Abs. 11 EStG 1988 sieht vor, dass auf Antrag auf Einkünfte, von denen eine Abzugsteuer einbehalten worden ist, der allgemeine Steuertarif anzuwenden ist (Regelbesteuerungsoption). Sofern der Steuerpflichtige die Berücksichtigung der Einkünfte nicht in der von ihm nachzuweisenden Höhe beantragt, sind diese mit 33% der auf das Veranlagungsjahr bezogenen Bemessungsgrundlage anzusetzen. 

Nach den Übergangsbestimmungen (§ 124b Z 334 EStG 1988) ist diese Regelbesteuerungsoption in Bezug auf die Höhe der in der Veranlagung anzusetzenden Einkünfte auch schon auf alle zum Zeitpunkt der Kundmachung nicht rechtskräftig veranlagten Fälle mit Einkünften aus der Einräumung von Leitungsrechten, anzuwenden. Die Kundmachung des Jahressteuergesetzes 2018 erfolgte am 14. August 2018.

Anwendung auf offene Veranlagungsfälle

Für die Bearbeitung von Fällen, in denen Einkünfte aus Anlass der Einräumung von Leitungsrechten in einer Einkommen-/Körperschaftsteuerveranlagung bis inklusive 2018 zu erfassen sind, gilt Folgendes: 

1. Ab dem 14. August 2018 ist die Bestimmung, wonach für die Einräumung von Leitungsrechten bis zu einer jährlichen Gesamthöhe von € 30.000 sowie bei Einmalentgelten bis € 50.000 grundsätzlich 70% des jeweiligen Gesamtentgeltes als steuerpflichtiger Anteil der Entschädigungszahlung angenommen wird (70%-Regelung), nicht mehr anzuwenden (EStR 2000 Rz5174). Es handelt sich dabei um Zahlungen, die von einem

  • Elektrizitätsunternehmen,
  • Erdgasunternehmen,
  • Erdölunternehmen,
  • Fernwärmeversorgungsunternehmen

aus Anlass der Einräumung eines Leitungsrechtes gezahlt werden. Auf Zahlungen, die nicht von einem der genannten Unternehmen stammen, ist die 70%-Regelung weiter anzuwenden; dies trifft insbesondere auf Zahlungen zu, die von Telekomunternehmen stammen oder die aus Anlass der Verlegung von Wasserleitungen erfolgen. Bei Windkraftanlagen sind Entgelte, die Leitungen betreffen erfasst; Entgelte, die die Anlage selbst (das Windrad) betreffen, sind nicht erfasst.

2. Alle zum 14. August 2018 nicht rechtskräftig veranlagten Fälle, in denen Zahlungen von den in den Anwendungsbereich fallenden Unternehmen erfolgt sind, sind nach Maßgabe des § 107 Abs. 11 Satz 2 EStG 1988 zu veranlagen (siehe konkrete Vorgangsweise weiter unten).

3. Betroffen sind alle Veranlagungsfälle, in denen zum 14. August 2018 keine rechtskräftige (Jahres)Veranlagung vorliegt. Dabei ist nicht bedeutsam, um welches Veranlagungsjahr es sich handelt oder ob eine Erklärung schon eingebracht wurde oder nicht. Das bedeutet: 

  • Werden bzw. wurden Einkünfte für ein Jahr vor 2018 erklärt und lag am 14. August 2018 noch keine rechtskräftige Veranlagung für das betreffende Jahr vor, ist § 107 Abs. 11 Satz 2 EStG 1988 anzuwenden (konkrete Vorgangsweise siehe unten).
  • Zahlungen des Jahres 2018, unterliegen im Rahmen der ab 2019 durchzuführenden Veranlagung 2018 bereits dem § 107 Abs. 11 Satz 2 EStG 1988 (konkrete Vorgangsweise siehe unten).

Konkrete Vorgangsweise in offenen Veranlagungsfällen – Gutachten oder Pauschalregelung 

§ 107 Abs. 11 Satz 2 EStG 1988 sieht vor, dass die anzusetzenden Einkünfte entweder mit

  • 33% des auf das Jahr bezogenen Auszahlungsbetrages (ohne USt) oder
  • in der vom Steuerpflichtigen nachgewiesenen Höhe

anzusetzen sind.

Das bedeutet: Nach Wahl des Steuerpflichtigen wird entweder die pauschale Bemessungsgrundlage von 33% des Auszahlungsbetrages (ohne USt) angesetzt oder der Betrag, der sich auf Grund eines Gutachtens ergibt. Das Gutachten hat der Steuerpflichtige vorzulegen. Anhang VI der Einkommensteuerrichtlinien (EStR 2000) regelt die Details zum Gutachten aus Sicht der Finanzbehörde.

Ist der Steuerpflichtige damit einverstanden, die Einkünfte in Höhe von 33% des Auszahlungsbetrages (ohne USt) anzusetzen, können anhängige Fälle ab 14. August 2018 dementsprechend erledigt werden. Andernfalls bedarf es eines Gutachtens, das der Steuerpflichtige vorzulegen hat und das der freien Beweiswürdigung unterliegt.

Die Änderung der Rechtslage stellt keinen Grund für eine Wiederaufnahme oder eine Bescheidänderung gemäß § 299 BAO dar. Erfolgt eine Wiederaufnahme oder eine Bescheidänderung gemäß § 299 BAO in Bezug auf einen Veranlagungsfall, der am 14. August 2018 rechtskräftig war, kommt die Anwendung der 33%igen Pauschalregelung nach § 107 Abs. 11 Satz 2 EStG 1988 nicht in Betracht.

(BMF-010203/0341-IV/2018, 28. August 2018)

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