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Erste Etappe der Steuerreform im Nationalrat beschlossen – Was kommt nun tatsächlich 2020?

Die erste Etappe der von der Bundesregierung im Mai 2019 im Ministerrat beschlossenen Steuerreform 2020/2023 wurde Anfang Juli 2019 per Initiativantrag in den Nationalrat eingebracht und am 19. September 2019 vom Nationalrat in Teilen beschlossen. Die Beschlussfassung und Umsetzung zu den weiteren ganz wesentlichen Punkten des bisherigen Regierungsvorhabens bleibt abzuwarten, weil dies insbesondere vom Ausgang der bevorstehenden Nationalratswahl und der Zusammensetzung des künftigen Nationalrates sowie der Bundesregierung abhängt.

Wir haben die wesentlichen nunmehr im Nationalrat gefassten Beschlusspunkte zur Steuerreform 2020 für Unternehmer/innen, Selbstständige und Landwirt/innen überblicksmäßig zusammengefasst:

Erhöhung der Kleinunternehmer-Umsatzgrenze auf € 35.000 ab 1.1.2020

Die Kleinunternehmergrenzejene Umsatzgrenze, ab der Umsatzsteuerpflicht besteht – wird ab 1.1.2020 von derzeit € 30.000 auf € 35.000 pro Jahr erhöht. Unverändert wie bisher kann zur Umsatzsteuerpflicht bei gleichzeitig in der Regel zustehendem Vorsteuerabzug optiert werden. Ob dies sinnvoll ist, hängt beispielsweise von der Art der erzielten Umsätze, vom Kundenkreis, vom bevorstehenden Vorsteuerabzugsvolumen in Hinblick auf Investitionen oder geballt anfallende Sachaufwendungen und vielem mehr ab. Eine auf die jeweilige Situation abgestimmte, vorausschauende Beurteilung und eine zeitgerechte Ausübung des Wahlrechtes bzw. auch der Verzicht darauf empfiehlt sich.

Neue Kleinunternehmer-Pauschalierung bei der Einkommensteuer ab 2020

Für Kleinunternehmer mit Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und nicht mehr als € 35.000 Jahresumsatz besteht ab 2020 künftig ein Wahlrecht, für die der Einkommensteuer zugrunde liegende steuerliche Gewinnermittlung, anstatt der Einzelaufzeichnung einen pauschalen Betriebsausgabenabzug vorzunehmen. Konkret bedeutet dies: Der pauschalierte Gewinn besteht bei Inanspruchnahme des Wahlrechtes künftig aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den Betriebseinnahmen und einem Betriebsausgabenpauschalsatz. Daneben sind nur wenige Betriebsausgaben zum Abzug zulässig, insbesondere Sozialversicherungsbeiträge und der Gewinngrundfreibetrag. Vereinfachend soll in Bezug auf die Betriebseinnahmen im Wesentlichen an die Umsätze im Sinne des Umsatzsteuergesetzes angeknüpft werden. Der Betriebsausgabenpauschalsatz beträgt 45 %. Da Dienstleistungsbetriebe im Verhältnis zum Umsatz typischerweise eine geringe Kostenbelastung aufweisen, ist für derartige Betriebe ein reduzierter Satz von 20 % anzuwenden. Die branchenbezogene Einstufung von Betrieben als Dienstleistungsbetriebe erfolgt im Wege einer noch zu erlassenden Verordnung durch das Bundesministerium für Finanzen. Bei einer allfälligen Mischzuordnung ist auf den höheren Umsatz innerhalb des Betriebes abzustellen. Die Pauschalierung ist auch anwendbar, wenn eine der Pauschalierung zugängliche Tätigkeit im Rahmen einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) ausgeführt wird.

Künftig ist daher mehr denn je wichtig, die Einordnung der betrieblichen Tätigkeit sorgsam vorzunehmen und die betrieblichen Einnahmen und Ausgaben in Hinblick auf die neuen Bestimmungen sachgerecht dem jeweiligen Betrieb zuzuordnen – insbesondere bei mehreren bestehenden Betrieben im familiären Umfeld. Gleichzeitig macht es Sinn, die Zuordnung der jeweiligen betrieblichen Tätigkeit zu allfälligen Personen- oder Kapitalgesellschaften im Umfeld zu berücksichtigen. Insgesamt sollte die Neuregelung daher Anlass dazu geben, noch 2019 jedenfalls über die jeweils individuelle steuerliche Optimierung vorausschauend nachzudenken, dabei sollten wie immer auch sozialversicherungsrechtliche Aspekte – sowohl in Hinblick auf die Höhe der Beiträge, aber auch die damit verbundenen Auswirkungen auf spätere Pensionsansprüche – im Auge behalten werden.

Verdoppelung der Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter von € 400 auf € 800 ab 2020

Die geltende Grenze für steuerlich sofort im Jahr der Anschaffung abschreibbare geringwertige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beträgt für 2019 noch € 400 und wird ab 2020 auf € 800 angehoben. Die Regelung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 beginnen. Auch diesbezüglich macht es Sinn, zu entscheiden, wann welche Wirtschaftsgüter angeschafft werden.

Pflichtveranlagung beschränkt steuerpflichtiger Personen bei zwei Dienstverhältnissen ab 2020

Beschränkt steuerpflichtige Personen (Personen, die keinen gewöhnlichen Wohnsitz in Österreich haben), die insbesondere zwei oder mehr lohnsteuerpflichtige Dienstverhältnisse in Österreich haben, unterliegen – anders als unbeschränkt Steuerpflichtige – derzeit nicht der Pflichtveranlagung. Dadurch fallen solche Personen in eine niedrigere Progressionsstufe, weil für die Ermittlung der Steuer nicht die Summe aller Gehälter herangezogen wird. Um diese Ungleichmäßigkeit der Besteuerung zu beseitigen, wird für beschränkt steuerpflichtige Personen ab 2020 eine Pflichtveranlagung bei Vorliegen von zwei oder mehr lohnsteuerpflichtigen Dienstverhältnissen eingeführt.

Regelbesteuerungsantrag in der Umsatzsteuer kann auf das vorangegangene Kalenderjahr ausgeweitet werden

Unternehmer/innen, die ihre Umsätze gemäß § 22 UStG 1994 versteuern, haben künftig durch Erklärung bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraumes auch die Möglichkeit, ihre Umsätze vom Beginn des vorangegangenen Kalenderjahres nach den allgemeinen Vorschriften des UStG 1994 zu versteuern. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, sind Unternehmer/innen zur zeitgleichen Abgabe einer Steuererklärung für das vorangegangene Kalenderjahr verpflichtet. Wurde bereits eine Steuererklärung für das vorangegangene Jahr abgegeben, ist diese zu berichtigen. Die Erklärung zur Regelbesteuerung bindet den Unternehmer/die Unternehmerin für mindestens fünf Kalenderjahre.

Senkung des Krankenversicherungsbeitrages um 0,85 Prozentpunkte auf 6,8% für Selbstständige und Landwirte ab 1.1.2020

Für Selbstständige und Landwirte werden die Krankenversicherungsbeiträge unabhängig von der Einkommenshöhe einheitlich um 0,85 Prozentpunkte abgesenkt. Der Beitragssatz beträgt künftig 6,8% statt 7,65%.

Senkung der Umsatzsteuer auf elektronische Publikationen auf 10% ab 1.1.2020

Die Besteuerung von elektronischen Publikationen, wenn diese nicht vollständig oder im Wesentlichen aus Video- oder Musikinhalten bestehen bzw. Werbezwecken dienen, werden hinsichtlich des Steuersatzes mit der Lieferung physischer Druckwerke gleichgestellt. Der Steuersatz auf elektronische Publikationen wie E-Books, E-Zeitungen, Hörbücher (da im Wesentlichen inhaltsgleich zu gedruckten Büchern), beträgt ab 1.1.2020 10% (statt wie bisher 20%). Der ermäßigte Steuersatz gilt auch für Teile eines (gesamten) physischen Druckwerks, beispielsweise Artikel einer Zeitung.

Entlastung für (geringverdienende) Arbeitnehmer/innen und Pensionist/innen –
„Sozialversicherungsbonus“

Bei Arbeitnehmer/innen wird künftig die Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen (Negativsteuer) angehoben sowie für Personen über der Steuergrenze ein „Zuschlag“ zum Verkehrsabsetzbetrag eingeführt. Dieser Zuschlag wirkt bis zu bestimmten Einkommensgrenzen voll und wird dann ausgeschliffen. Durch den Zuschlag werden sowohl der Verkehrsabsetzbetrag (€ 400 pro Jahr) als auch der erhöhte Verkehrsabsetzbetrag (€ 764 pro Jahr) um jeweils bis zu € 300 angehoben. Bis zu einem steuerpflichtigen Einkommen von € 15.500 im Kalenderjahr wirkt sich der Zuschlag zur Gänze aus, bei steuerpflichtigen Einkommen zwischen € 15.500 und € 21.500 wird der Zuschlag zum Verkehrsabsetzbetrag dann gleichmäßig eingeschliffen, sodass er bei einem steuerpflichtigen Jahreseinkommen über € 21.500 nicht mehr zusteht. Arbeitnehmer/innen unter der Steuergrenze erhalten künftig eine um bis zu € 300 höhere Sozialversicherungsrückerstattung, sodass die maximale Negativsteuer 50 Prozent der Werbungskosten, gedeckelt mit € 700 beträgt.

Der Zuschlag bzw. die höhere Negativsteuer kann nur im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht werden, wobei dies erstmals bei der Veranlagung für das Jahr 2020 möglich ist (sich also erst 2021 auswirkt).

Bei Pensionist/innen werden sowohl der Pensionistenabsetzbetrag als auch der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag um jeweils € 200 Euro erhöht, auf künftig € 600 bzw. € 964. Gleichzeitig mit den Erhöhungen dieser Absetzbeträge wird auch die maximale Sozialversicherungsrückerstattung ausgedehnt, und zwar von bisher 50 auf 75 Prozent der Werbungskosten, gedeckelt mit maximal € 300 (bisher € 110).

Anpassungen bei KFZ-Steuern ab 2020 –
Motorbezogene Versicherungssteuer und NoVA

Bei der motorbezogenen Versicherungssteuer wird neben der Motorleistung künftig auch der C02-Ausstoß des Kraftfahrzeugs (KFZ) für die Besteuerung maßgeblich (die Umgestaltung der Bemessungsgrundlage gilt für KFZ, die nach dem 30.9.2020 erstmalig zugelassen werden). Bei der Normverbrauchsabgabe (NoVA), die beim Kauf von Fahrzeugen anfällt, werden die CO2-Emissionswerte aufgrund des neuen Prüfverfahrens zur Messung von CO2-Emissionen (WLTP) angepasst, wobei der Abzugsbetrag in der Steuersatzformel jährlich absinken soll, um den unionsrechtlichen Vorgaben und technischen Änderungen Rechnung zu tragen. Zudem wird der Malusbetrag für Fahrzeuge mit besonders hohen C02-Emissionen je g/km verdoppelt (Inkrafttreten: 1.1.2020).

Steuerliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der „mission 30“

Im Bereich Eigenstromerzeugung durch Photovoltaik wird ergänzend zu Investitionsförderungen eine Steuerbefreiung von selbsterzeugtem und -verbrauchtem Strom vorgesehen. Auch für erneuerbare Energien wie Wasserstoff und Biogas sind Steuerbegünstigungen vorgesehen.

Im Zuge des Abgabenänderungsgesetz 2020 wurde Folgendes beschlossen:

Digitalsteuer auf Online-Werbeumsätze ab 1.1.2020

Unternehmen, die einen weltweiten Umsatz von € 750 Mio. und in Österreich einen Umsatz von zumindest € 25 Mio. aus der Durchführung von Onlinewerbeleistungen erzielen, müssen ab dem Jahr 2020 eine fünfprozentige Steuer auf Online-Werbeumsätze abführen.

Wegfall der Einfuhrumsatzsteuer-Freigrenze für Importe von
Kleinsendungen aus Drittländern ab spätestens 1.1.2021

Im Online-Handel fällt die Umsatzsteuer-Freigrenze von € 22 bei Importen aus Drittstaaten (z.B. China) ab 1.1.2021. Hintergrund ist die Vermeidung von derzeit bestehenden Wettbewerbsverzerrungen, um künftig die Besteuerung (Umsatzsteuer) im Bestimmungsland zu gewährleisten. Der Wegfall der Einfuhrumsatzsteuer-Freigrenze für Importe von Kleinsendungen aus Drittländern unter € 22 ist erstmals auf die Einfuhr von Gegenständen nach dem 31.12.2020 anzuwenden - liegen die technischen Voraussetzungen für die Festsetzung, Abfuhr und Einhebung der Einfuhrumsatzsteuer vor dem 31.12.2020 vor, kommt ein früherer Zeitpunkt des Inkrafttretens zur Anwendung (kundgemacht durch das Bundesministerium für Finanzen im Bundesgesetzblatt).

Meldepflichten für Vermittlungsplattformen wie Airbnb ab 1.1.2020

Zur effizienten Durchsetzung der korrekten Besteuerung wird eine Aufzeichnungsverpflichtung für elektronische Schnittstellen (z.B. Marktplätze, Plattformen, etc.), die Lieferungen oder sonstige Leistungen im Inland unterstützen, vorgesehen. Dies kann beispielsweise vorliegen im Rahmen der „sharing economy“, wenn Beherbergungsumsätze über eine Plattform (z.B. Airbnb) vermittelt werden, oder bei innergemeinschaftlichen Versandhandelslieferungen durch in der Union niedergelassene Unternehmer. Die Aufzeichnungen sind auf Verlangen dem zuständigen Finanzamt elektronisch zur Verfügung zu stellen (ab einem Jahresumsatz von € 1.000.000 müssen die Aufzeichnungen auch ohne Aufforderung übermittelt werden). Durch diese Regelungen soll eine Durchsetzung der korrekten Besteuerung beim Steuerschuldner erleichtert werden. Bei Sorgfaltspflichtverletzungen haftet die Schnittstelle (z.B. Marktplatz, Plattform, etc.) für die Steuer. Der Bundesminister für Finanzen hat per Verordnung festzulegen, wann eine solche Sorgfaltspflichtverletzung vorliegt.

Stand: 26.9.2019 | LBG

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