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Die Übertragung stiller Reserven gemäß § 12 EStG – Wie und wann macht diese Sinn?

Bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern kommt es häufig zur Aufdeckung von stillen Reserven, wenn der steuerliche Buchwert geringer als der Veräußerungserlös ist. Ist dies der Fall, besteht für natürliche Personen und Personengesellschaften die Möglichkeit, diesen Unterschiedsbetrag entweder im Jahr des Anfalls der Versteuerung zu unterziehen oder aber auf eine Neuanschaffung des Anlagevermögens zu „übertragen“. Hierdurch kommt es nicht zur sofortigen Versteuerung des Veräußerungsüberschusses, sondern zu einer steuerlichen Verteilung dieses Überschusses über die Nutzungsdauer des neu angeschafften Anlagegutes.

Welche Voraussetzungen müssen für eine Übertragung erfüllt sein?

Für eine Übertragung muss zum einen das veräußerte Wirtschaftsgut mindestens sieben Jahre dem Unternehmen des Veräußerers angehört haben und zum anderen muss binnen 12 Monaten ab Veräußerung ein entsprechend neues Anlagegut angeschafft werden. Sollte die Veräußerung infolge höherer Gewalt (z.B. Versicherungsvergütung), durch behördlichen Eingriff (z.B. Entschädigungszahlung) oder zur Vermeidung eines solchen nachweisbar unmittelbar drohenden Eingriffes erfolgen, so verlängert sich diese Frist auf 24 Monate.

Welche Wirtschaftsgüter sind überhaupt für eine Übertragung geeignet?

Unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben kann bei jedem mit Gewinn veräußerten Wirtschaftsgut des Anlagevermögens eine stille Reserve gem. § 12 EStG ermittelt werden, sofern die vorher genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Geregelt ist im Prinzip nur, auf welche neu angeschafften Wirtschaftsgüter die stille Reserve übertragen werden darf. So gilt, dass auf Grund und Boden nur eine Übertragung von Grund und Boden, auf Gebäude nur eine Übertragung von Grund und Boden oder Gebäuden, auf sonstige körperliche Wirtschaftsgüter nur eine Übertragung von sonstigen körperlichen Wirtschaftsgütern und auf unkörperliche Wirtschaftsgüter nur eine Übertragung von unkörperlichen Wirtschaftsgütern gestattet ist. Im Bereich der Finanzanlagen ist eine Übertragung von stillen Reserven hingegen ausgeschlossen.

Wechselwirkung mit § 37 EStG

Da § 37 EStG auch Einkünfte infolge höherer Gewalt umfasst, ist auch in diesem Falle bis zur Hälfte der Einkünfte aus Waldnutzung infolge höherer Gewalt eine Übertragung nach § 12 EStG zulässig. Es besteht daher die Möglichkeit, bis zu dieser Höhe eine stille Reserve auf neu angeschaffte Wirtschaftsgüter zu übertragen. Die zu übertragenden anteiligen Einkünfte werden in diesem Falle von den betrieblichen Einkünften in Abzug gebracht.

Macht eine Übertragung stiller Reserven gemäß § 12 EStG wirklich immer Sinn?

Prinzipiell bedeutet jede Übertragung einer stillen Reserve eine Verschiebung der entstehenden Steuerbelastung auf einen späteren Zeitpunkt. Allerdings gilt es zu beachten, dass z.B. Verkäufe von Grundstücken und Gebäuden einer fixen Besteuerung unterliegen, weshalb bei der Übertragung von stillen Reserven im Verkaufsfall auf diese zugunsten einer möglicherweise höheren späteren Steuerbelastung verzichtet wird.

Andererseits kann die Übertragung natürlich auch dazu führen, dass unter Umständen der aus dem Verkauf eines Wirtschaftsgutes entstandene Gewinn bei gleichzeitig zulässiger Übertragung auf ein neu angeschafftes Wirtschaftsgut mangels Abschreibung oder sehr langer Abschreibungsdauer erst viele Jahre oder sogar Jahrzehnte später zur Gänze steuerpflichtig wird. Dies führt zu einem unmittelbaren Liquiditätsvorteil. Da durch einen solchen Schritt auch ein positiver Zinseszins-Effekt erzielt werden kann, sollte dieser genauestens überlegt und vor allem auch geplant werden.

Steuerliche und betriebswirtschaftliche Weitsicht erforderlich

Auch bei der Übertragung einer stillen Reserve aus der Waldnutzung infolge höherer Gewalt sollte der Fokus nicht nur auf die steuerliche Auswirkung im Jahr des Anfalls des Schadens gelegt werden.

Auch hier bedarf es steuerlicher und betriebswirtschaftlicher Weitsicht, da im Falle der Übertragung der anteiligen Einkünfte für diese auf die Anwendung der Progressionsermäßigung gem. § 37 EStG verzichtet wird, was wiederum auch zu negativen steuerlichen Effekten in Zukunft führen kann.

Gerne unterstützen wir Sie bei Ihren Überlegungen, um im Falle der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens steuerlich optimal agieren zu können.

Stand: 8.1.2020 | Autor: Michael Bergmann | LBG

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