Unterscheidung zwischen Ferialarbeitnehmer, Pflichtpraktikant und Volontär ist von besonderer Bedeutung
In den Sommermonaten werden in Betrieben oft „Praktikanten“ beschäftigt. Dabei ist es wesentlich, zwischen Ferialarbeitnehmern, Pflichtpraktikanten und Volontären zu unterscheiden. Diese Unterscheidung hat unter anderem gravierende Auswirkungen auf folgende Fragen:
- Welche Bestimmungen des Kollektivvertrages sind anzuwenden? Welcher Mindestlohn gilt? Welche Kündigungsfristen gelten?
- Ist der „Praktikant“ bei der Sozialversicherung anzumelden?
- Welche Bestimmungen des Arbeitsrechts und des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sind zu beachten?
Ein Pflichtpraktikant absolviert in Ergänzung zu seiner schulischen Ausbildung ein vorgeschriebenes Praktikum in einem Betrieb. Im Vordergrund steht der Ausbildungszweck. Im Lehrplan der Schule bzw. des Studiums ist eine entsprechende praktische Ergänzung der theoretischen Ausbildung konkret angeführt. Die im Betrieb erfolgte praktische Tätigkeit muss der in der Schule bzw. im Studium gewählten Fachrichtung entsprechen und der Praktikant muss im Betrieb der gewählten Fachrichtung entsprechend eingesetzt werden. Der Inhalt und die Dauer des Praktikums richten sich nach den Ausbildungsvorschriften der Schule bzw. des Studiums.
Pflichtpraktikum außerhalb eines Dienstverhältnisses
Das Praktikantenverhältnis wird durch den Lern- und Ausbildungszweck und nicht durch die Erwerbsabsicht des Unternehmens charakterisiert. Diese Charakterisierung zeigt sich in der betrieblichen Praxis an:
- der fehlenden Arbeitspflicht,
- fehlenden Weisungsunterworfenheit,
- am mehrmaligen Wechsel der verrichteten Tätigkeit
- sowie an der Zuweisung von Tätigkeiten nach dem Wunsch des Auszubildenden, und nicht nach den betrieblichen Notwendigkeiten.
Der Abschluss einer klaren Praktikumsvereinbarung und die Führung einer Ausbildungsdokumentation sind dringend empfohlen.
Hinweis: Ob ein „echtes“ Pflichtpraktikum vorliegt wird anhand der wahren Verhältnisse, d.h. daran, wie das Vertragsverhältnis in der Realität gelebt wird, beurteilt.
Der „echte“ Pflichtpraktikant ist grundsätzlich kein Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn. Es gelten für ihn daher auch keine arbeitsrechtlichen Bestimmungen, wie Urlaubsgesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz, Angestelltengesetz oder Kollektivvertrag. Ein reguläres Arbeitsentgelt gebührt daher nicht. Ob ein Taschengeld bezahlt wird bzw. wie hoch dieses ist, unterliegt grundsätzlich der freien Vereinbarung. Wird Unentgeltlichkeit vereinbart, ist keine Anmeldung zur Sozialversicherung erforderlich. Der Praktikant ist diesfalls, ohne Beitragsleistung des Arbeitgebers, im Rahmen der Schüler- und Studentenunfallversicherung teilversichert.
Pflichtpraktikum im Rahmen eines Dienstverhältnisses
Wird ein Pflichtpraktikum jedoch in Form eines Dienstverhältnisses absolviert, so unterliegt der Praktikant auch den kollektivvertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen. Dies ist dann der Fall, wenn der Pflichtpraktikant:
- an die betriebliche Arbeitszeit gebunden ist,
- an Weisungen gebunden ist,
- organisatorisch im Unternehmen eingegliedert ist.
In diesem Fall ist ein Praktikanten-Arbeitsvertrag abzuschließen.
Auch ein Volontär macht ein betriebliches Praktikum – bei ihm besteht jedoch keine schulische Verpflichtung. Der Begriff Volontär ist allerdings im Gesetz nicht definiert (außer im Ausländerbeschäftigungsgesetz). Wesentliche Merkmale sind der ausschließliche Lernzweck, die Unentgeltlichkeit und die Ungebundenheit. Volontäre haben nach der Rechtsprechung keine Arbeitspflicht und keinen Entgeltanspruch. Es besteht ein Ausbildungsverhältnis, kein Arbeitsverhältnis. Eine Anmeldung bei der Unfallversicherung ist erforderlich.
Ferialarbeitnehmer sind Schüler oder Studenten, die freiwillig in der Ferienzeit in normalen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten und etwas dazuverdienen wollen. Zu beachten sind jedenfalls der entsprechende Mindestlohn im Kollektivvertrag und alle rechtlichen Bestimmungen und notwendigen Anmeldungen wie bei einem normalen Arbeitnehmer.
Sollten „Praktikanten“ nicht in einem normalen Dienstverhältnis beschäftigt werden, droht eine kostenintensive Umqualifizierung in ein normales Dienstverhältnis seitens der Sozialversicherung, wenn nicht alle notwendigen Merkmale entsprechend vereinbart und im betrieblichen Alltag auch gelebt werden.
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Stand: 4. Juni 2020 | LBG
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