Geänderte Grenzen für die Buchführungspflicht und USt-Pauschalierung in der Land- und Forstwirtschaft
Bis 2019 bestand für land- und forstwirtschaftliche Betriebe eine Pflicht zur doppelten Buchführung („Bilanzierung“), wenn
- der Einheitswert eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zum 1.1. eines Jahres € 150.000 und/oder
- der Umsatz eines Betriebes in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren jeweils € 550.000
(unter Berücksichtigung bestimmter Übergangsfristen) überstiegen hat. Die Einheitswertgrenze wurde nun im Rahmen des Konjunktursteuergesetzes rückwirkend mit 1.1.2020 ersatzlos gestrichen und die Umsatzgrenze auf € 700.000 angehoben. Wir haben darüber informiert.
In der Praxis bedeutet das: Falls in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Umsatzgrenze von € 700.000 nicht überschritten wird, entfällt die Verpflichtung zur doppelten Buchführung, wobei hinsichtlich der in den Jahren 2018 und 2019 ausgeführten Umsätze bereits auf die erhöhte Umsatzgrenze von € 700.000 abzustellen ist.
Praxis-Beispiel: Ein Forstbetrieb mit einem Einheitswert von € 170.000 erzielt seit Jahren jährlich Einnahmen aus Holzverkauf in Höhe von ca. netto € 250.000. Vereinfachend wird angenommen, dass der Betrieb nur Sägerundholz verkauft und die Schlägerungen selbst durchführt. Aufgrund der Überschreitung der bisherigen Buchführungsgrenze von € 150.000 Einheitswert ermittelte der Forstwirt seinen Gewinn mittels doppelter Buchführung. Durch den Wegfall der € 150.000 Einheitswert-Grenze kann dieser Betrieb die Gewinnermittlung 2020 mit einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung durchführen.
Anlässlich des Wechsels von der doppelten Buchführung zur Einnahmen-Ausgaben-Rechnung fällt in der Regel ein Übergangsverlust an. Im Beispiel beträgt der Übergangsverlust € 42.000. Dieser Übergangsverlust kann nun beginnend mit 2020 verteilt über sieben Jahre (somit jährlich € 6.000) steuerlich berücksichtigt werden und kürzt damit die jährlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
Umsatzsteuerliche Auswirkung
In der Umsatzsteuer wird dieser Betrieb pauschaliert (Umsatz < € 400.000). Er hat also die € 50.000 Umsatzsteuer (20 % von netto € 250.000) nicht mehr ans Finanzamt abzuführen und darf aber auch keine Vorsteuern mehr mit dem Fiskus verrechnen. Der Forstwirt darf nun € 32.500 (13 % von netto € 250.000) seinen Kunden in Rechnung stellen und behalten. Ein Vorsteuerabzug steht ihm nicht zu und etwaige Vorsteuerrückrechnungen sind zu prüfen.
In diesem Zusammenhang empfehlen wir Land- und Forstwirten, die – sinnvollerweise nach einer Vorteilhaftigkeitsprüfung – in die Umsatzsteuerpauschalierung zurückwechseln wollen, schon jetzt die Umsatzsteuer richtig auf den Rechnungen auszuweisen (z. B. bei Sägerundholz 13 % statt bisher 20 %) und die bisherigen Rechnungen des Jahres 2020 zu korrigieren und berichtigte Umsatzsteuervoranmeldungen für 2020 abzugeben.
Bis einschließlich 2019 löste auch die doppelte Buchführung in der Umsatzsteuer die Regelbesteuerung aus. Betriebe, die aus der doppelten Buchführung aufgrund des Wegfalles der Einheitswertgrenze „herausfallen“, die aber die € 400.000 Umsatzgrenze überschreiten, bleiben umsatzsteuerlich weiterhin regelbesteuert.
Praxis-Beispiel: Ein landwirtschaftlicher Betrieb mit einem Einheitswert von € 180.000 erzielt seit Jahren jährlich Einnahmen aus Maststierverkauf in Höhe von ca. netto € 560.000. Aufgrund der Überschreitung der bisherigen Buchführungsgrenzen von € 150.000 Einheitswert sowie der Umsatzgrenze von € 550.000 ermittelte dieser seinen Gewinn mittels doppelter Buchführung. Durch den Wegfall der € 150.000-Einheitswert-Grenze und die Anhebung der Netto-Umsatzgrenze von € 550.000 auf € 700.000 kann dieser Betrieb die Gewinnermittlung mit Einnahmen-Ausgaben-Rechnung in Anspruch nehmen. In der Umsatzsteuer bleibt dieser Betrieb in der Regelbesteuerung, da er die Umsatzgrenze von € 400.000 übersteigt.
Von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben wurde in der Regel (anders als bei Gärtnereibetrieben) zuerst die Einheitswertgrenze überschritten. Das bedeutet, dass nunmehr zahlreiche land- und forstwirtschaftliche Betriebe von der doppelten Buchführung in die vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung wechseln können.
Zeitlicher Rahmen
Aus zeitlicher Sicht greift – sofern keine Option zur Umsatzsteuerregelbesteuerung durchgeführt wird – der Wechsel von der Umsatzsteuerregelbesteuerung zur Umsatzsteuerpauschalierung schon 2020, während der Wechsel der Gewinnermittlung sich erst 2021 auswirkt.
Vorteilhaftigkeitsvergleich anstellen
Ob im konkreten Fall die (alte) Regelbesteuerung oder (neue) Umsatzsteuerpauschalierung vorteilhafter ist, sollte im Rahmen einer Vorteilhaftigkeitsrechnung sorgfältig überprüft werden. Ist die Regelbesteuerung nach wie vor die bessere Option, kann/muss für das Jahr 2020 bis 31.12.2021 ein Optionsantrag zur Regelbesteuerung gestellt werden.
Stand: 18. Jänner 2021 | Autor: Christian Urban | LBG
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