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Auftraggeber/innen-Haftung bei Weitergabe von Bauleistungen an Subunternehmer. Möglichkeiten zur Haftungsbefreiung.

Unternehmen, die die Erbringung von Bauleistungen gemäß § 19 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994) an ein anderes Unternehmen ganz oder teilweise weitergeben, sind an die Auftraggeber/innen-Haftung (AGH) gebunden. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Reinigung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.

Hinweis: Ob im Einzelfall eine Reinigung von Bauwerken im Sinne des § 19 Abs. 1a UStG 1994 vorliegt, ergibt sich aus der hierzu ergangenen steuerlichen Judikatur unter Beachtung der jeweils bekanntgemachten Auffassung der Finanzverwaltung.

Haftungsbestimmungen

Das Auftrag gebende Unternehmen haftet für alle Beiträge und Umlagen, die das beauftragte Unternehmen an österreichische Krankenversicherungsträger abzuführen hat, bis zum Höchstausmaß von 20 Prozent des geleisteten Werklohnes.

Zusätzlich haftet die Auftraggeberin bzw. der Auftraggeber für die vom Finanzamt einzuhebenden lohnabhängigen Abgaben bis zu fünf Prozent des geleisteten Werklohnes.

Die Haftungsinanspruchnahme setzt voraus, dass gegen die Auftragnehmerin bzw. den Auftragnehmer erfolglos Exekution geführt wurde oder ein Insolvenztatbestand gemäß § 1 Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG) vorliegt.

Haftungsbefreiung

Das Auftrag gebende Unternehmen hat folgende Möglichkeiten, sich von der Haftung zu befreien:

  • Das beauftragte Unternehmen wird zum Zeitpunkt der Leistung des Werklohnes in der Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Gesamtliste) geführt.
  • Das Auftrag gebende Unternehmen überweist 25 Prozent (20 Prozent Sozialversicherungsbeiträge und fünf Prozent lohnabhängige Abgaben) des zu leistenden Werklohnes als Haftungsbetrag an das Dienstleistungszentrum-AGH (DLZ-AGH). Dieses ist unter anderem für die Entgegennahme, Aufteilung und Weiterleitung des Betrages an die beteiligten Krankenversicherungsträger und an das Finanzamt zuständig.

Aufnahme in die HFU-Gesamtliste

Um in die HFU-Gesamtliste aufgenommen zu werden, muss das betreffende Unternehmen einen schriftlichen Antrag an das DLZ-AGH oder elektronisch über das WEB-BE-Kunden-Portal (WEBEKU) stellen. Dazu müssen jedoch folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Erbringung von Bauleistungen seit mindestens drei Jahren
  • Beschäftigung von nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) angemeldeten Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern
  • Keine rückständigen Beiträge für Zeiträume bis zu dem der Antragstellung zweitvorangegangenen Kalendermonat
  • Keine ausständigen Beitragsgrundlagenmeldungen für denselben Zeitraum

Darüber hinaus können auch Ein-Personen-Unternehmen (EPU) in die HFU-Gesamtliste aufgenommen werden, wenn

  • keine Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer nach dem ASVG angemeldet sind, 
  • seit mindestens drei Jahren Bauleistungen erbracht werden,
  • eine Pflichtversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) auf Grund ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit besteht,
  • sie zum Antragszeitpunkt die fälligen Beiträge bis zum 15. jenes Kalendermonates, der dem Quartal folgt, entrichtet haben (Beitragsrückstände bis zu 500 Euro bleiben dabei außer Betracht) und
  • ein entsprechender Antrag gestellt wird.


Generell gilt: Selbst wenn die einzelnen Voraussetzungen für eine Aufnahme in die HFU-Gesamtliste vorliegen, kann die Eintragung versagt oder das betreffende Unternehmen von der Liste gestrichen werden. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn

  • schwerwiegende verwaltungsrechtliche oder strafrechtliche Verstöße vorliegen oder
  • zu erwarten ist, dass das Unternehmen seine sozialversicherungsrechtlichen Pflichten als Dienstgeberin bzw. Dienstgeber nicht erfüllen wird.

Im Falle einer Streichung von der HFU-Gesamtliste kann das Unternehmen eine Wiederaufnahme beantragen. 

Auszahlung von Guthaben beim Auftragnehmer / der Auftragnehmerin infolge von Haftungsbeträgen

Auf dem Beitragskonto der Auftragnehmerin bzw. des Auftragnehmers kann auf Grund der Überweisung von Haftungsbeträgen ein Guthaben entstehen. In diesem Fall kann ein Antrag auf Erstattung des Guthabens entweder schriftlich an das DLZ-AGH oder elektronisch über WEBEKU gestellt werden. Die Auszahlung durch den jeweiligen Krankenversicherungsträger kann jedoch nur dann erfolgen, wenn unter anderem

  • alle Beitragskonten des beauftragten Unternehmens ausgeglichen sind,
  • alle fälligen Zuschläge nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) entrichtet sind und
  • alle fälligen Abgabenforderungen des Bundes erfüllt sind.

Wird dem Antrag nicht stattgegeben, wird das Guthaben mit etwaigen Rückständen der Auftragnehmerin bzw. des Auftragnehmers verrechnet, und zwar nach folgender gesetzlicher Reihenfolge:

  1. offene Beitragsschulden,
  2. Ansprüche gegenüber dem beauftragten Unternehmen auf Grund einer Auftraggeber/innen-Haftung (AGH),
  3. Zuschlagsleistungen nach dem BUAG,
  4. Abgabenforderungen des Bundes.

Auskunftspflicht von Auftrag gebenden Unternehmen

Gemäß § 67a Abs. 8 ASVG hat das Auftrag gebende Unternehmen dem Krankenversicherungsträger auf dessen Anfrage innerhalb von 14 Tagen Auskunft über das von ihm beauftragte Unternehmen und über die weitergegebenen Bauleistungen zu erteilen. Bei Verletzung dieser Auskunftspflicht drohen Geldstrafen von 1.000 bis 20.000 Euro (im Wiederholungsfall).

Des Weiteren haben auch alle Unternehmen,

  • die einen Antrag auf Aufnahme in die HFU-Gesamtliste stellen bzw. in der Liste geführt werden oder
  • für die Haftungsbeträge von Auftrag gebenden Unternehmen geleistet wurden, 

den Krankenversicherungsträgern wahrheitsgemäß binnen 14 Tagen alle Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die im Zusammenhang mit der Auftraggeber/innen-Haftung von Bedeutung sind. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben oder der vorgelegten Unterlagen, so kann der Krankenversicherungsträger auch die Vorlage der Originalurkunden verlangen.

LBG-Empfehlung: Alle haftungsfreistellenden Unternehmen finden Sie in der HFU-Gesamtliste. Wir empfehlen jedenfalls vor Auftragsvergabe von Bauleistungen (ganz oder teilweise) an ein anderes Unternehmen, in die HFU-Gesamtliste Einsicht zu nehmen, dies zu dokumentieren sowie vorzugsweise Subunternehmer zu beauftragen, die in der HFU-Liste aufscheinen, um ein allfälliges Haftungsrisiko zu minimieren.

Stand: 3. August 2021 | LBG | Quelle: Information der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK)

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