Arbeitgeber-Wissen: Einhaltung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit innerhalb eines rollierenden Durchrechnungszeitraumes wird vom Arbeitsinspektorat ab sofort verpflichtend überprüft
Stand: 27. Februar 2020
Seit der jüngsten Arbeitszeitreform („Obergrenze - 12-Stunden-Tag“) dürfen Arbeitnehmer – vorbehaltlich abweichender Regelungen in Kollektivverträgen, Betriebsvereinbarungen oder einzelvertraglichen Regelungen – bis zu 12 Stunden pro Tag und bis zu 60 Stunden pro Woche beschäftigt werden. Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt; das erhöhte Arbeitszeitausmaß soll nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellen. Kontrollinstrument dafür ist der sogenannte Durchrechnungszeitraum, der vom Dienstgeber aufzuzeichnen ist und innerhalb dessen das Arbeitsinspektorat die Einhaltung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit überprüft.
Wie überprüft das Arbeitsinspektorat die Einhaltung der Wochenarbeitszeit?
Praxis bis 2019: Fixer oder rollierender Durchrechnungszeitraum.
Das Arbeitszeitgesetz (AZG) sieht vor, dass über einen Zeitraum von 17 Wochen die durchschnittliche Wochenarbeitszeit 48 Stunden nicht überschreiten darf. Durch kollektivvertragliche Bestimmungen kann der Durchrechnungszeitraum auf 26, bei technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründen bis auf 52 Wochen ausgedehnt werden.
Umstritten und damit mit Rechtsunsicherheit behaftet war die Frage, ob für den Durchrechnungszeitraum ein fixer Bezugszeitraum mit datummäßig festgelegtem Beginn und Ende oder ein rollierender Bezugszeitraum, wonach die durchschnittliche Höchstarbeitszeit in jedem beliebigen Zeitraum eingehalten werden muss, anzusetzen ist.
Beispiel bei 17-wöchigem Durchrechnungszeitraum:
Beginn und Dauer der Durchrechnungszeiträume sind (gem. AZG) vom Dienstgeber jedenfalls in den Arbeitszeitaufzeichnungen anzuführen. Bis Ende 2019 wurden vom Arbeitsinspektorat beide Varianten – fester und rollierender Durchrechnungszeitraum – akzeptiert.
BMASGK-Erlass zur verpflichtend rollierenden Durchrechnung der Wochenarbeitszeit seit 13.12.2019
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich in einer Entscheidung zur Frage der durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit im Frühjahr 2019 zwar insgesamt für eine gewisse Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung ausgesprochen, will jedoch die Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer beachtet wissen. So muss nach Auffassung des EuGH die Heranziehung fester Bezugszeiträume mit Mechanismen verbunden werden, die gewährleisten können, dass die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden während jedes auf zwei aufeinanderfolgende feste Bezugszeiträume verteilten Sechsmonatszeitraums eingehalten wird. Damit soll im Wesentlichen gewährleistet werden, dass die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit auch an den „Schnittpunkten“ der festen Bezugszeiträume eingehalten wird.
Insgesamt lässt sich aus der Entscheidung des EuGH jedoch keine konkrete Vorgabe hinsichtlich der Bezugszeiträume ableiten. In der einschlägigen Fachliteratur werden daher auch nach wie vor unterschiedliche Auffassungen vertreten, ob der EuGH in seiner Entscheidung nun feste oder rollierende Durchrechnungszeiträume vorgesehen hat.
Das BMASGK hat am 13.12.2019 mit Erlass (BMASGK 462.302/0007 VII/A/3/2019) alle Arbeitsinspektorate angewiesen, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit gem. § 9 Abs 4 AZG ab sofort verpflichtend rollierend durchzurechnen. Somit muss die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden in jedem beliebigen 17- Wochen- Schnitt (bzw. bei kollektivvertraglicher Zulässigkeit in jedem beliebigen 26-Wochen-Schnitt) eingehalten werden.
Die Durchrechnung hat immer nur innerhalb von aus Kalenderwochen bestehenden Durchrechnungszeiträumen zu erfolgen. Der Durchrechnungszeitraum beginnt mit einem Montag und endet mit einem Sonntag.
Kontrollen der Arbeitsinspektorate – Konsequenzen
Bei Kontrollen von Durchrechnungszeiträumen vor dem Erlass wird nur im Rahmen der festgelegten Durchrechnungszeiträume überprüft, ob der 48-Stunden-Schnitt eingehalten wurde. Wurden bis dato fixe Durchrechnungszeiträume festgelegt, werden die Dienstgeber in einem ersten Schritt vom Arbeitsinspektorat auf die rollierende Durchrechnung hingewiesen (Beratung durch das Arbeitsinspektorat). Kommt es nach der behördlichen Beratung zu Verstößen in diesem Zusammenhang, kann es – wie auch schon bisher – zur Festsetzung einer Verwaltungsstrafe durch das Arbeitsinspektorat kommen.
LBG Empfehlung
Die Arbeitgeberpflichten rund um die Arbeitszeitaufzeichnung sind äußerst komplex und sensibel – und werden bei vielfältigen behördlichen Prüfungen abverlangt. Denn es gilt: Arbeitszeitaufzeichnungen dienen einerseits der Kontrolle der Einhaltung der strengen Vorgaben des Arbeitszeitrechts, andererseits sind sie eine wesentliche Grundlagenaufzeichnung, die in der monatlichen Personalverrechnung zu beachten sind – und daher vorliegen müssen. Hinsichtlich des Durchrechnungszeitraumes empfehlen wir Dienstgebern eine rasche Überprüfung der eigenen Durchrechnungspraxis und – falls noch nicht geschehen – eine zeitnahe Umstellung auf die rollierende Variante bei Berechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit.
Gleichzeitig empfehlen wir eine kritische Durchsicht darauf hin, ob die laufenden Arbeitszeitaufzeichnungen laufend gesetzeskonform geführt werden, beispielsweise auch in Hinblick auf die Verrechnung von Überstunden, Gutstunden, Urlaubskonsum, etc. Unsere österreichweiten Expert/innen im Bereich „Personalverrechnung, Lohnsteuer, Sozialversicherung, Arbeitsrecht“ stehen Ihnen gerne für eine Beratung, Evaluierung und Einrichtung einer gesetzeskonformen Dokumentation im Unternehmen zur Verfügung.
Stand: 27.2.2020 | Autorin: Julia Niederleithner | LBG
Kontakt & Beratung: Diese Information zeigt naturgemäß grundlegende Aspekte des Themas auf – für Vollständigkeit und Richtigkeit kann trotz sorgfältiger Erstellung keine Gewähr geleistet werden. LBG berät Sie gerne in Ihrer individuellen Situation. Bitte wenden Sie sich an einen unserer 31 österreichweiten Standorte (www.lbg.at) oder an welcome@lbg.at - wir bringen Sie gerne mit einem/r unserer Experten/innen, der/die mit Ihrem Anliegen bestens vertraut ist, zusammen.
Im Beratungsfeld „Personalverrechnung, Lohnsteuer, Sozialversicherung, Arbeitsrecht“ ist LBG mit mehr als 100 diplomierten Personalverrechner/innen sowie zertifizierten Arbeits- und Sozialversicherungsrechtsexpert/innen österreichweit eines der bedeutendsten Beratungsunternehmen für Arbeitgeber/innen. Wir unterstützen Sie gerne in lohnsteuerlichen, sozialversicherungs- und arbeitsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Mitarbeiter/innen, Aushilfen, Saisonarbeitskräften, Expatriates und Werkvertragsnehmer/innen im Unternehmensalltag, führen für Sie die laufende Personalverrechnung, bereiten mitarbeiterbezogene betriebswirtschaftliche Auswertungen für Arbeitgeber/innen auf und übernehmen vielfältige Aufgaben im Bereich Human Resources.
Wir beraten eine große Vielfalt an Branchen, Unternehmensgrößen und Rechtsformen, davon im Beratungsfeld „Lohnsteuer, Sozialversicherung, Arbeitsrecht, Personalverrechnung“ eine Vielzahl an Unternehmen zwischen 1 - 50 Mitarbeiter/innen und eine Reihe von namhaften österreichischen und in Österreich tätigen internationalen Unternehmen sowie öffentlichen Auftraggebern mit jeweils mehreren 100 Mitarbeiter/innen, wobei auch Arbeitgeber mit bis zu 2.000 Arbeitnehmer/innen zu unseren Auftraggebern zählen. Insgesamt führt LBG die monatliche Personalverrechnung für rund 30.000 Mitarbeiter/innen durch.
© LBG Österreich: Wenn Sie Interesse daran haben, den Inhalt dieser LBG-Fachinformation einer begrenzten oder breiteren Öffentlichkeit in eigenen Publikationen im Unternehmen, von Unternehmensverbänden oder Vereinen, in Newslettern, auf einer Homepage oder in Online-Medien oder als Redakteur/Journalist eines Branchen-, Fach- oder Publikumsmediums auch durch uns zusammengefasst, weiter vertieft oder durch einen unserer Expert/innen kommentiert zur Verfügung zu stellen, dann unterstützen wir Sie dabei gerne. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dafür jedenfalls und ausnahmslos eine vorangehende schriftliche Zustimmung von „LBG Österreich | Marketing & Kommunikation“ und eine mit uns abgestimmte, geeignete Nennung von LBG erforderlich sind. Wir bitten Sie, sich dazu an welcome@lbg.at zu wenden.
Employer knowledge: Compliance with the average weekly working hours within a rolling calculation period is now mandatory for the labor inspectorate
LBG Austria - Summary: Since the most recent reform of working hours (“upper limit - 12-hour day”), employees may be employed for up to 12 hours per day and up to 60 hours per week - subject to differing regulations in collective agreements, company agreements or individual contractual regulations. However, this does not apply without restriction; the increased amount of working hours should not be the rule, but the exception. The control instrument for this is the so-called calculation period, which must be recorded by the employer and within which the labor inspectorate checks compliance with the average weekly working time. The Working Time Act (AZG) stipulates that the average weekly working time may not exceed 48 hours over a period of 17 weeks. Collective contractual provisions can extend the calculation period to 26 weeks, and for technical or organizational reasons up to 52 weeks.
The question of whether the calculation period should be set in fixed (predetermined) or rolling weekly sections was controversial and therefore subject to legal uncertainty. The Federal Ministry of Labor, Social Affairs, Health and Consumer Protection (BMASGK) has now issued a decree instructing all labor inspectorates to calculate the average weekly working hours in accordance with Article 9 (4) of the Working Time Act with immediate effect binding on a rolling basis.
LBG recommendation: Employer obligations relating to the recording of working hours are extremely complex and sensitive and required in a wide range of official inspections. Working time records serve on the one hand to check compliance with the strict requirements of working time law, on the other hand they are an essential basic accounting record that must be observed in the monthly payroll accounting - and therefore must be available anytime. With regard to the calculation period, we recommend employers to quickly review their own calculation practice and - if not yet done - to switch to the rolling variant as soon as possible when calculating the average weekly working time.
At the same time, we recommend a critical review of whether the current working time records are kept in compliance with the law, for example with regard to offsetting overtime, working hours, vacation consumption, etc. Our Austria-wide experts in the field of "personnel accounting, wage tax, social security, labor law" are available for you to advise, evaluate and set up legally compliant documentation in your company.
Contact & Advice: This information naturally shows basic aspects of the topic - for completeness and correctness no guarantee can be given despite careful preparation. LBG will gladly advise you in your individual situation. Please contact one of our 31 Austria-wide locations (www.lbg.at) or welcome@lbg.at - we will gladly bring you together with one of our experts, who is very familiar with your request.
In the field of “personnel accounting, wage tax, social insurance and labor law” LBG is one of the most important consulting companies for employers in Austria with more than 100 qualified personnel calculators and certified labor and social security law experts. We are pleased to support you in questions regarding income tax, social security and labor law issues in connection with the employment of employees, temporary workers, seasonal workers, expatriates and contractors in day-to-day business, carry out ongoing personnel accounting for you, and prepare employee-related business evaluations for employers and take on diverse tasks in the area of human resources.
We advise a wide variety of industries, company sizes and legal forms; in the advisory field "wage tax, social security, labor law, personnel accounting" including a large number of companies between 1 - 50 employees and a number of well-known Austrian and Austrian-based international companies as well as public clients each with several 100 employees, whereby employers with up to 2.000 employees are also among our clients. In total, LBG carries out monthly personnel accounting for around 30.000 employees.