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Steuer-News | Unternehmer-News

VwGH zum Verkauf geerbter bzw. geschenkter Grundstücke durch eine gemeinnützige Körperschaft

Stand: 20. Januar 2022

Non-Profit-Organisationen (NPOs), wie z.B. gemeinnüt­zige Vereine, haben in Österreich eine lange Tradition und sind ein wichtiger Bestandteil des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens. Verfolgt eine NPO einen begünstigten Zweck, das heißt, ist sie gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich tätig, so stehen steuerliche Begünstigungen zu. Wichtig dabei ist, dass der begüns­tigte Zweck ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird und der Allgemeinheit zu Gute kommt.

Nicht alles ist steuerfrei

Im Gegensatz zur unbeschränkten Steuerpflicht unter­liegen gemeinnützige Vereine nur einer beschränkten Steuerpflicht. Während der Vereinsbereich sowie der unentbehrliche Hilfsbetrieb steuerfrei sind, sind ent­behrliche Hilfsbetriebe beschränkt steuerpflichtig. Ein unentbehrlicher Hilfsbetrieb (auch Zweckverwirkli­chungsbetrieb genannt) unterscheidet sich vom entbehr­lichen Hilfsbetrieb dadurch, dass er für die Erfüllung des begünstigten Zwecks notwendig ist, somit der Zweck nur durch Betrieb zu verwirklichen ist. Zweck und Geschäfts­betrieb dürfen sich nicht trennen lassen können. Dazu zählen beispielsweise Eintrittsgelder für Museen oder Konzerte eines Musikvereins.

Entbehrliche Hilfsbetriebe wie z.B. Flohmärkte und Vereinsfeste, dienen dem begünstigten Zweck nur mit­telbar (sind Mittel zum Zweck) und unterliegen mit ihren Zufallsgewinnen der Körperschaftsteuer. Zu vermeiden gilt es jedenfalls einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder Gewerbebetrieb bei Überschreiten von Toleranzschwellen in der unmittelbaren Vereinssphäre zu führen, da dieser den Verlust der Gemeinnützigkeit und somit die unbeschränkte Steuerpflicht für den gesamten Verein nach sich zieht. Ein Verein, der beispielsweise eine öffentlich zugängliche Kantine oder gar Gastwirtschaft betreibt oder Fanartikel mit Gewinnerzielungsabsicht verkauft, verliert dadurch in seiner Gesamtheit sämtliche steuerlichen Begünsti­gungen. Diesfalls ist eine vorausschauende rechtsformgestaltende Auslagerung zu empfehlen.

VwGH zum Verkauf geerbter bzw. geschenkter Grundstücke

Spenden, Schenkungen und Erbschaften spielen für die Finanzierung gemeinnütziger Vereine eine wesentliche Rolle. Während vereinnahmte Geldspenden oder geerbte Sparbücher zu keiner Steuerpflicht führen, war fraglich, ob gleiches auch für Erlöse aus dem Verkauf geerbter bzw. geschenkter Liegenschaften gilt. Argumentiert wurde seitens der gemeinnützigen Körperschaften, dass ohne den Mitteln aus dem Verkauf der geerbten Grundstücke der gemeinnützige Zweck nicht erreicht werden kann und es sich beim Verkauf daher um einen steuerfreien unentbehrlichen Hilfsbetrieb handeln müsse. Darüber hinaus würden Spenden und Erbschaften dem allgemeinen und somit gemeinnützigen Bereich zugehen.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) beurteilte den konti­nuierlichen Verkauf von geerbten Liegenschaften jedoch als Geldbe­schaffungsquelle, die zwar der Erfüllung des begünstigten Zwecks dient, jedoch keinen unentbehrlichen Hilfsbetrieb darstellt und damit steuerpflichtig ist. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Verkäufen und dem begüns­tigten gemeinnützigen Zweck liegt lt. VwGH nicht vor. Selbst dann nicht, wenn der Erlös ausschließlich und unmittelbar dem begünstigten Zweck zufließt.

Damit trägt der VwGH in seinem Erkenntnis der universel­len Ertragsbesteuerung von Grundstücksveräußerungen Rechnung: Verkauft der Spendende ein Grundstück, um Geld zu widmen, fällt beim Spendenden Immobilienertrag­steuer (ImmoESt) an. Widmet der Spendende hingegen das Grundstück, damit es der Verein veräußert, kommt es bei diesem zur Ertragsbesteuerung. Eine eventuell vorliegende Hauptwohnsitzbefreiung beim Erblasser geht nicht auf den Erben über, wenn dieser nicht selbst die Kriterien dafür erfüllt. Von einer Beurteilung als begünstigungsschädlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb hat der VwGH in diesem Erkenntnis abgesehen.

Keine Immobilienertragsteuer beim Verkauf aus dem begünstigten Bereich

Das bedeutet aber nicht, dass alle Liegenschaftsverkäufe automatisch steuerpflichtig sind. Hätte das Grundstück zuvor dem begünstigten Zweck unmittelbar gedient, wäre ein ImmoEst-freier Verkauf möglich gewesen. Konkret bedeutet das, dass die geerbte oder geschenkte Liegenschaft zuerst dem begünstigten Zweck zugeführt und dort genutzt wer­den muss (z.B. für die Beherbergung betreuter Personen), um danach steuerfrei verkauft werden zu können.

LBG-Empfehlung: Gestaltungsoptionen vor dem Verkauf von Liegenschaften sorgfältig prüfen

Ist es möglich, die Liegenschaft vor dem Verkauf sinn­voll dem Vermögen des unentbehrlichen Hilfsbetriebs zu widmen, fällt keine ImmoESt an. Insofern sollte bei der Erbschaft von Wohnungen oder Einfamilienhäusern geprüft werden, ob diese dem unentbehrlichen Hilfsbe­trieb temporär dienen können. Zu bedenken ist auch, dass die Finanz in anderen Fällen einen kontinuierlichen Verkauf von Liegenschaften als begünstigungsschädlichen wirtschaftlichen Geschäfts­betrieb (gewerblicher Grundstückshandel) einstufen könnte, was zur Steuerpflicht des gesamten Vereins führt. Hier könnte die Auslagerung in eine GmbH ange­dacht werden.

Stand: 20. Jänner 2022 | LBG | Bernhard Bortel

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